Von Anna Näf
«Hey, hast du bemerkt, dass Frau Boll ein neues Auto hat? Es hat einen viel grösseren Kofferraum als das alte», sagt meine beste Freundin zu mir. Wir sind in der vierten Klasse, sitzen in meinem Garten und haben schon immer gewusst, dass wir die geborenen Detektivinnen sind.
Mit dieser kleinen Beobachtung beginnt unser neuester Fall: Plötzlich sind wir uns sicher, dass unsere Nachbarin eigentlich eine Bankräuberin ist und gerade das Geld von ihrem letzten Überfall nach Hause gebracht hat. Der Fall beschäftigt uns so fest, dass wir sogar fast durch ihr gekipptes Fenster einbrechen.
Die Fantasie kann aus einer kleinen Beobachtung eine riesige Geschichte zusammenbasteln. Eine gute Freundin antwortet lange nicht und sofort befürchte ich, dass sie wütend ist wegen etwas, das ich bei unserem letzten Treffen gesagt habe.
Eine kleine Beobachtung – und mein Gehirn füllt die Lücken mit einer absurden Geschichte. Da würde es helfen, sich zu fragen: Gibt es noch eine andere Erklärung dafür? Könnte es einen anderen Grund für ein neues Auto geben als einen Banküberfall? Könnte es einen anderen Grund geben, warum meine Kollegin nicht zurückschreibt?