Von Stefan Moll
Das Wesen Gottes und die gelebte Nächstenliebe sind untrennbar miteinander verwoben. Man kann nicht an den Gott der Liebe glauben, ohne die anderen Menschen und die Umwelt auch zu lieben.
Was ist diese Liebe?
Die Liebe steht in der christlichen Verkündigung für alles Gute schlechthin. Doch der Begriff bleibt oft kraftlos und blass, weil nicht ganz klar ist, was gemeint ist. Unter Liebe verstehen wir meist das Liebesgefühl, das Christen für alle – auch für die Mühsamen – aufzubringen hätten. Das überfordert aber restlos. Es ist weder möglich noch nötig, für alle positive Gefühle zu entwickeln. Nächstenliebe zeichnet sich gerade auch dadurch aus, dass solche Liebesgefühle fehlen.
In der Bibel geht es meist um ganz praktische Liebe. Was braucht die andere Person jetzt von mir? Das bedeutet, dass wir uns einfühlen, auch wenn wir nicht Freunde sind. Dennoch können wir eine andere Sicht, befremdendes Handeln oder bittere Menschen ernst nehmen und gelten lassen. Liebe meint: «Behandle andere immer so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest.» Sagt Jesus.
Der Nächste und der Ferne
Das Liebesgebot aus Leviticus 19,18b lautet: «Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du.» Die Begründung dafür: Der andere ist auch ein Mensch. Diese Liebe scheint sich auf die Nahen, auf jene, die zu mir gehören, zu beschränken. Doch das täuscht, denn das Gebot wird ergänzt (Vers 34): «Du wirst ihn [den Fremden] lieben, er ist wie du.» Anders gesagt: Liebe alle, auch jene, die dir fremd sind. Punkt. Jesus hat das später hin zur Feindesliebe präzisiert.
Der Gott der Nächstenliebe
Christliche Spiritualität umfasst immer sowohl die Liebe zu Gott als auch die zu den anderen und zur Schöpfung. Worship ist das Zusammenspiel von Gebet, Lobpreis mit Diakonie. Man kann nicht glauben, wenn man das auseinanderreisst. Weil der Gott der Liebe nicht nur mich und die Meinen liebt, sondern alle. Wer das trennt, verpasst Gott. Viele Christen betonen in ihrem Glauben eine dieser beiden Seiten. Dabei schauen sie misstrauisch auf jene, denen Diakonie wichtiger scheint als Worship. Und umgekehrt. Dabei gehört beides untrennbar zusammen. Darum hat der Glaube so grosse Kraft: weil Gott der Gott der Nächstenliebe ist.