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Restaurant Kapello in Wolhusen LU von aussen
Restaurant Kapello in Wolhusen LU | (c) ERF Medien

Wieviel Kirche ist da noch drin?

Alte Mauern, neues Leben
Publiziert: 18.01.2021

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Von Jonathan Merz

Als Journalist im kirchlichen Umfeld und seit 3 Jahren als Radioredaktor bei Radio Life Channel versteht sich Jonathan Merz als Brückenbauer zwischen Kirche und Gesellschaft. Im Zuge seiner Diplomarbeit zum Radiojournalisten machte er sich auf die Suche nach alten, ungenutzten Kirchen und nach dem, was sie heute beherbergen. Mit einem Blick hinter die dicken alten Mauern zeigt er auf, was Gutes, Neues aus Altem, Ehrwürdigem entstehen kann.

Kirchengebäude. Hohe Türme, Glockenschlag, Orientierung – Jahrhunderte lang war die Kirche «im Dorf». Der Kirchplatz stand im Zentrum, war Dreh- und Angelpunkt des Dorf- oder Stadtlebens.

Noch vor 100 Jahren hatte fast jedes Dorf seine eigene Kirche und Kirchgemeinde. Mit zunehmender Mobilität verschoben sich die Gottesdienste mehr auf die Ballungszentren und viele Gemeinden fusionierten ihre Kirchgemeinden wegen weniger Besucherinnen und Besucher von lokalen Gottesdiensten. Wenn wir durch die vielen hübschen Dörfer der Schweiz fahren, stellen wir darum fest, dass viele der historischen, alten und wunderschönen Kirchen und Kapellen leer stehen: Kirchen mit den hohen Türmen, einer massiven Glocke und dem Kirchenschiff. Oder aber auch die Kleinen. Die Unscheinbaren. Die Kapellen. An vielerlei Orten mutieren diese ehrwürdigen Gebäude zur Hülle.

Alte Kirchen bleiben die «Hülle der Fülle»
Ein Trend zeigt: Die «alten Mauern» werden wieder mit «neuem Leben» gefüllt. Diese Information liefert eine Datenbank der Universität Bern mit vermieteten oder verkauften Kirchen. Aus den alten Kirchen werden Wohnräume, Museen, Restaurants und vieles mehr. Wieviel «Kirche» ist bei den Neunutzungen noch zu spüren? Gibt es so etwas wie ein «kirchliches, geistliches Fundament», das bei allen neuen Nutzungen immer noch spürbar ist?

Spürbares Kirchenerbe
Bei allen drei Kapellen ist das «Kirchenerbe» noch sehr spürbar. Der gelegte Boden mit all den Gedanken, Gebeten, dem Gesang, der Gegenwart Gottes und der gelebten Gemeinschaft versprüht noch heute in all diesen Objekten eine ganz besondere Atmosphäre.

Kapelle Truttikon
Viel ist von der alten Kapelle in Truttikon im Zürcher Weinland nach dem Umbau nicht mehr zu erkennen – sie ist zu einem wunderschönen Wohnhaus mutiert, in dem unterdessen die Bäuerin Lisa Keller wohnt. Sie lebt heute in der Kirche, in der sie früher selbst regelmässig den Gottesdienst besuchte. Ihre geistliche Heimat ist nun auch physisch zu ihrem Zuhause geworden – da, wo ihr Bett steht, stand früher die Kanzel. Für sie wurde diese Kapelle zur doppelten Heimat. Die Erinnerungen an frühere, sehr lebhafte Zeiten sind sehr präsent und rufen in ihrem Herzen ab und zu auch eine gewisse Wehmut hervor.

Kirchli Wolhusen
Die zweite charmante Kirche ist die Täuferkapelle. Dieses «Kirchli» steht in Wolhusen im Kanton Luzern. Es beinhaltet heute das Restaurant «Kapello», geführt von Lukas Schär. Bereits die Täufer haben in diesen Räumen gegessen, gefeiert und «Tischgemeinschaft» gelebt. Lukas Schär lässt diese in seinem Restaurant weiterleben und erneut aufleben: Die Gäste sitzen auf alten Kirchenbänken und bestellen ihre Köstlichkeiten von den Speisekarten, die in alten Kirchengesangsbüchern eingeklebt sind. Essen hat einfach viel mit dem Evangelium zu tun!

Kirche Menziken
Dieses Kapellen-Bijou steht in Menziken im Aargau. Hinter diesen Gemäuern verbirgt sich heute das «Tabak- und Zigarrenmuseum aargauSüd». Die hohen Räume, Kirchenfenster und das Kreuz im Garten erinnern noch stark an die Kapellen-Zeit. Auf den ersten Blick würde man sagen: «Tabak und Kirche – das geht nicht zusammen!» Darum wollte die ehemalige Eigentümerin, die Chrischona, das Gebäude zuerst auch nicht verkaufen. Zu viel Gegenwehr. Die Wende kam mit der Erkenntnis über die Geschichte des «Stumpenlandes ». Die Region rund um Menziken wäre nämlich ohne die Tabakwirtschaft verarmt. Durch die vielen Arbeitsplätze sicherte die Tabakproduktion die Existenz und das Leben der Bewohner. Die Kirche anerkannte den Stellenwert und bewilligte den Verkauf der Kapelle an die Museumsgemeinschaft.

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