«Hoffnung lässt die Flügel wachsen», singt Beate Ling in einem ihrer Lieder. Eine Hoffnung und Zuversicht, die sie vor gut 20 Jahren fast verloren hatte. Zwei Schicksalsschläge im selben Jahr hatten ihr den Boden unter den Füssen weggezogen. Heute kann sie mit dieser Erfahrung anderen Menschen helfen.
Musikalische Fruhforderung
In eine Pastorenfamilie hineingeboren, wächst Beate mit dem Glauben auf. Nebst dem gibt ihr das Leben als Pastorentochter auch die Liebe zur Musik mit auf den Weg. Schon früh steht sie auf der Bühne: «Keine Evangelisation ohne Lied zu Beginn! Danach ist’s einfacher zu predigen», pflegt ihr Vater zu sagen. So studiert Beate Lehramt für Musik und Deutsch mit Gesang als Schwerpunkt, hängt noch eine Gesangsausbildung in den USA dran und wagt sich in die Selbstständigkeit als Sängerin. Mit 30 Jahren veröffentlich sie ihr Debütalbum, zwei Jahre danach folgt das nächste.
Geballte Ladung des Abschiednehmens
Die fröhliche, unbeschwerte Musik bleibt ihr jedoch wenige Jahre später im Hals stecken. Im Januar 1996 kommt ihr neun Jahre jüngerer Bruder bei einem Autounfall ums Leben. «Wir waren seelenverwandt – ich war wie eine Mutter oder Freundin für ihn.» Doch damit nicht genug: Im selben Jahr zerbricht Beates Ehe nach 11 Ehejahren. Ein weiteres Mal muss Beate Abschied nehmen, sie zieht sich zurück und eine Depression nimmt ihr die Luft zum Atmen. Freunde helfen ihr durch diese schwere Zeit: «Meine Freunde waren für mich da, hörten mir zu, taten an meiner Stelle Schritte und glaubten, wenn ich nicht mehr konnte.»
Trauern – in abgestecktem Rahmen
Auch zögert Beate nicht, Hilfe von Fachleuten in Anspruch zu nehmen: «Therapie ist für mich wie ein Geländer in meinem Leben.» Die Ratschläge der Therapeuten und Seelsorger sind konstruktiv und lebensnah. Zum Beispiel lernt Beate, ihre Trauer zu kontrollieren, indem sie sich ganz bewusst Zeit nimmt dafür: «An den Montagen habe ich jeweils getrauert. Den Rest der Woche musste ich arbeiten – ich konnte ja nicht heulend auf der Bühne zusammenbrechen.» Also verschnürt sie das Trauerpäckchen, öffnet es am nächsten Montag und lässt die Trauer ganz bewusst zu, indem sie Fotoalben anschaut. «Weil ich die Trauer verschob und nicht verdrängte, funktionierte das und war nicht gefährlich.»
Der Kampf gegen die Tabus
Die Trauer bringt auch Schönes hervor: Lieder, die nun andere Menschen trösten und ermutigen. Als Gesangscoach begegnet Beate heute häufig dem «Kloss im Hals» und geht mit ihren Schülern einen Stock tiefer, Richtung Herz, um Blockaden in der Seele zu lösen. Wenn schmerzhafte Erfahrungen aufbrechen, vermittelt sie ihre Schüler auch gerne an Fachpersonen weiter. Es ist ihr ein Herzensanliegen, dass der Besuch von Therapeuten und Seelsorgern normal wird: «Es ist eine Stärke, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn die Seele wehtut, gehört sie zum Fachmann.»