Als Irene Widmer frisch verheiratet ihren Mann nach Indien begleitet, erlebt sie dort auf dem Uni-Campus hautnah, was gemeinschaftliches Leben bedeutet: Die einzelnen Wohnungen sind aufgrund der Hitze oft nur durch Moskitonetztüren voneinander abgetrennt, so dass man jedes Wort und jede Stimmungsschwankung mitbekommt. Während ihr Mann die Universität besucht, leistet Irene oft praktische Hilfe in den Slums. Den Kulturschock erlebt sie jedoch nicht in Indien, sondern nach der Rückkehr in die Schweiz: Das Paar zieht in ein Pfarrhaus in einem Quartier, wo der Alltag von Anonymität geprägt ist. Mit den Nachbarn hinter den schönen Gartenhägen gibt es kaum Berührungspunkte.
25 Jahre und mehrere WGs später leiten Irene und ihr Mann das Gemeinschaftshaus «Moosrain», in dem rund 40 Personen vom Kleinkind bis zur Grossmutter zusammen Leben teilen. «Der Schritt von Alleinwohnen zu Einsamwerden ist manchmal relativ klein», sagt Irene Widmer, die auch sozial vernachlässigte und psychisch eingeschränkte Menschen in die Gemeinschaft integriert. Ihre Erfahrungen und Gedanken zu tragenden Beziehungen hat sie auch im Buch «Zu viel allein ist ungesund» zusammengefasst.