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diverse Werkzeuge auf einem Holztisch
(c) Stokkete/dreamstime

Flick-Werk-Mehr – die Wiederherstellung der Dinge

Nachhaltigkeit beginnt im Kleinen.
Publiziert: 21.12.2022 23.12.2022

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Marnie Hux-Ebermann im Interview mit Judith und Ruedi König

Judith und Ruedi König aus Kollbrunn setzen ein Zeichen gegen das allgemeine, vorschnelle Wegwerfen von Dingen. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, Gegenstände zu reparieren, zu flicken und wiederherzustellen. Leute bringen kaputte Haushaltsgeräte, Kleider, Möbel und vieles mehr, die in der Werkstatt der beiden zuerst einmal liebevoll unter die Lupe genommen werden.

«Flick-Werk-Mehr» gibt den Dingen ein zweites Leben?
So kann man es nennen. Wir reparieren und verlängern das Leben von Gegenständen, an denen die Menschen aus emotionalen Gründen hängen. Es sind Gegenstände, die ihnen viel bedeuten und die sie retten wollen. Auch geht es uns darum, ein Gegengewicht zu geben zur heutigen «Wegwerfgesellschaft». Wenn wir etwas gegen die grossen Abfallberge tun wollen, müssen wir bei uns anfangen. Oft sind es nur kleine Reparaturen und die Dinge sind wieder einsatzbereit.

Was ist Ihr Beweggrund für das Flicken, Werken und Mehr?
Ruedi: Ich habe die Ausbildung zum Elektriker gemacht und nachher in der Papier- und Plastikbranche, in der Metallbranche, in einer Wattefabrik und in einer Akustikanlangen- Fabrik gearbeitet.

Judith: Ich habe Schneiderin gelernt und dann Handarbeitslehrerin. Nach vier Unterrichtsjahren verwirklichte ich einen Kindheitstraum und eröffnete einen eigenen Handarbeitsladen. Später verkaufte ich auch Nähmaschinen. Mein Mann besuchte einen Kurs in der Firma Pfaff, um die Nähmaschinen besser zu verstehen und reparieren zu können.

Wie ist Ihre Geschäftsidee für «Flick-Werk-Mehr» entstanden?
Ruedi: Wir sind Eltern von vier Kindern. Unser zweites Kind kam mit einer CP-Lähmung zur Welt. Um die Arbeit in der Familie und im Haushalt zu teilen, nahmen wir gemeinsam eine Stelle als Schulhauswart-Paar in Winterthur an. 22 Jahre arbeiteten wir an diesem Ort mit Herz und Seele. Im Alter von 60 Jahren stellte sich in einer ärztlichen Untersuchung bei mir ein Gendefekt heraus. Das Laufen fiel mir immer schwerer und wir konnten diese Arbeit leider nicht mehr ausführen.

Judith: Nach der Diagnose sind wir in die Frühpensionierung gegangen. Aber gar nicht mehr zu arbeiten, kam für uns nicht in Frage. Wir haben beide so viele handwerkliche Fähigkeiten und so reparierten und nähten wir weiterhin und halfen den Menschen, da wo es gebraucht wurde. Heute können wir diese Dienstleistungen günstig anbieten, da wir nicht mehr davon leben müssen.

Was sind das für Dinge, die Menschen zu Ihnen zum Flicken, Werken und Reparieren bringen?
Judith: Eine junge Frau zum Beispiel hing sehr an einem Mantel, der sie an ihre viel zu früh verstorbene Mutter erinnerte. Diese Frau war überwältigt, dass es möglich war, ein ganz neues Futter einzunähen. Eine andere Frau kam auf uns zu mit einer defekten antiken Nähmaschine, einem Erbstück ihrer Grossmutter. Ruedi konnte diese Maschine zur Freude der Dame mit wenig Auswand wieder einsatzfähig machen. Dann kam ein Mann zu uns mit einer Bomberjacke – einem Original aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein uraltes, zerrissenes Schaffell musste herausgetrennt und ein neues eingenäht werden. Dieser Mann hatte die Hoffnung auf das Flicken seiner geliebten, alten Jacke schon fast aufgeben, als er auf uns stiess.

Unterdessen kommen auch einzelne Menschen mit einer Behinderung auf uns zu, die für ihre Bedürfnisse eine Lösung bzw. Sonderanfertigung benötigen. Eine Frau brauchte einen warmen Umhang für ihren Mann im Rollstuhl. Wir konnten da helfen und eine Spezialanfertigung für ihren Mann nähen: einen wärmenden, regenabweisenden Umhang, den man am Rollstuhl befestigen kann.

Was bedeutet das Thema «Nachhaltigkeit» für Sie?
Judith: Wir beide sind einfach aufgewachsen. Unsere Eltern hatten nicht viel Geld, man hat Kleider und Velos geflickt, war sparsam und hat nichts einfach so weggeworfen. Unsere Eltern haben bereits Dinge repariert und umfunktioniert – das wurde uns beiden in die Wiege gelegt. Reparieren statt wegwerfen ist nachhaltig. Dabei sollten wir unbedingt auf die Qualität achten. Dinge mit Qualität haben eine längere Lebensdauer. Sie kosten zwar etwas mehr in der Anschaffung, sind aber langlebiger und produzieren viel weniger Müllberge.

Nun kommen aber auch Menschen zu Ihnen mit kaputten Herzen oder angeschlagenen Seelen und suchen nach «Wiederherstellung». Diese treffen hier auf Sie, Judith König, als ausgebildete Beraterin und Seelsorgerin.
Mit diversen Weiterbildungen in den Bereichen Coaching, Seelsorge, Beratung und Trauma-Begleitung kann ich meinen Herzenswunsch leben, Menschen in ihrer Not zu helfen. Auch hier passiert immer wieder eine «Wiederherstellung und Reparatur» von Körper, Seele und Geist. Da sind wir beim eigentlichen Kern der Nachhaltigkeit angekommen. Wenn wir in der Tiefe «gesund» sind, gesundet auch unser Umfeld. Und das zieht unweigerlich grössere Kreise. Halten wir Gott unsere Herzen hin, kann er sie heilen und Neues, Gutes, Schönes daraus schöpfen. So kann er unser Leben verändern und die Vision für eine gesunde Welt in unser Herz legen.

 

Zur Person
Judith und Ruedi König sind Eltern von vier Kindern und zweifache Grosseltern. Ihrer beider Herz schlägt für die Wiederherstellung von Gegenständen und Menschen. Mit flickwerk-mehr.ch helfen sie den Menschen, geliebte Dinge wiederherzustellen, und mit mutig-leben.ch sich auf den Weg zum eigenen Herzen zu machen.

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