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(c) Phil Thep/Unsplash

Gott ist … der Vater des Lichts und die Mutter des Lebens

Er verwandelt unsere Wunden in Segen.
Publiziert: 14.08.2020

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Ein frisch vermählter Ehemann fragt seine Angetraute: «Wann kochst du mal so gut wie meine Mama?» Worauf sie antwortet: «Sobald du soviel verdienst wie mein Papa.»

Die Idealisierungen und Ablehnungen der Eltern prägen unsere Entwicklung. «So selbstsüchtig wie meine Mutter will ich nie werden», klagt die Tochter, «aber einen Mann wie mein Papa würde ich später jederzeit heiraten.» Ein Sohn dagegen lässt keine Frau über seine Mama kommen, aber in die grossen Fussspuren seines gestrengen Vaters will er nie treten.

Mit diesen inneren, meist unbewussten Leitsätzen, werden wir erwachsen. Bis wir spätestens in einem biografischen Bruch erkennen: Ich bin geworden wie meine Mutter, wie mein Vater. Das, was ich abgelehnt habe, muss ich jetzt selber erleben. An meinen eigenen Idealen bin ich gescheitert.

Kind sein heisst zwangsläufig, von den Eltern das Ganze nehmen, das sie uns gegeben haben. Mit allen Möglichkeiten und Grenzen. Wenn wir etwas ablehnen, verschliessen wir uns gegen einen Teil des Lebens, leben nicht mehr in seiner Fülle. Wer nur die kindlichen Bewunderungen in seiner Lebensgeschichte sehen will, erkennt nicht mehr, was zum gelingenden Reifen nötig ist.

Das eindrücklichste Bild für unser Leben ist bekanntlich der Lebensbaum. Jeder Baum, auch jeder Lebensbaum, wird geschwächt und fängt an zu serbeln, wenn die Verbindung von der Wurzel zur Krone unterbrochen wird.

Ein Baum ist vielen Gefahren ausgesetzt: Sei es, dass bei Hochwasser Fäulnis eintritt. Das geschieht bei Überversorgung durch die Eltern.

Sei es, dass eine Lawine den Stamm spaltet. Das geschieht, wenn ein Elternteil ein Kind für sich alleine haben will.

Sei es, dass ein Brand die Rinde zerstört. Das geschieht, wenn Eltern ständig launisch oder gereizt sind und das Kind sich dafür schuldig fühlt.

Sei es, dass ein Baum verletzt wird durch bösartige Steinwürfe oder Messerstiche. Das geschieht, wenn Kinder spirituell entwertet oder blossgestellt werden.

Jede seelische Verletzung hindert den Fluss des Lebens. Was tut ein Baum bei solchen Lebensgefahren? Er zieht mehr Nährstoffe durch seine Wurzeln, er schöpft heilende Kräfte, lässt die Wunden heilen. Hildegard von Bingen hat gesagt, die Grundfrage des menschlichen Lebens laute, wie unsere Verletzungen zu Perlen würden.

Jesus war kein «Wunschkind», er wurde in grosser Sorge seiner Eltern am Rande der Gesellschaft geboren. Die Wunde des Ungeliebtseins wurde bereits auf der Flucht nach Ägypten geschlagen. Als Zwölfjähriger riss er sich in Jerusalem drei Tage von den Eltern los und bekam dafür gehörig «Schimpfis». Er erklärte ihnen: «Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?» (Lukas 2,49).

Es steht nicht viel geschrieben über Josef. Vielleicht starb er früh oder verliess die Familie. Als der Gottessohn öffentlich auftrat, hiess es über seine Herkunft: «Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen?» Jesus liess sich nie auf seine Herkunft oder seine Familie festlegen. Sein Leben gründete viel tiefer, in Gott selbst. Wie es in Psalm 36,10 heisst: «Bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Lichte sehen wir das Licht.» Dieser innere Lebensgrund wurde sein Grund zum Leben. Statt sich selber in ein gutes Licht zu stellen, wurde er zum Licht der Welt. Statt von abgestandenem Wasser zu trinken, wurde er zur Quelle lebendigen Wassers. Jesus blieb in dem, was seines Vaters im Himmel ist.

Elternkonflikte begleiten uns zeitlebens. Wir ehren Mutter und Vater mit unserer Dankbarkeit, dass sie uns das ganze Leben weitergegeben haben. Und wir ehren Gott, indem wir ihm unsere erlebten Kränkungen und Verletzungen hinhalten. Mit Jesus Christus dürfen wir glauben: Gott als Vater des Lichts und Mutter des Lebens verwandelt unsere Wunden in Segen.

Zur Person
Kurt Gautschi, 71 Jahre jung und seit 44 Jahren als Ev.-ref. Pfarrer unterwegs, betreut zur Zeit die Kirchgemeinde Eulachtal bei Winterthur.

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