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Wenn die Zeit uns durch die Finger rinnt

Die Entdeckung der Gelassenheit
Publiziert: 15.12.2015
, Verena Birchler

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Von Verena Birchler

Wenn im TV-Programm das Traumschiff, Rosamunde Pilcher und Inga Lindström stehen, wenn Winnetou wieder reitet, das Aschenbrödel ihre drei Nüsse findet und Sissi die österreichische Monarchie ins Lot bringt, wissen wir: Das alte Jahr geht zu Ende und ein neues steht vor der Tür. Offensichtlich berühren diese Herzfilme in uns eine Seite, die Lebenssehnsüchte stillen. Denn jeder Programmgestalter weiss, was sein Publikum will.

Selbstverständlich werden auch alle Protagonisten in diesen Filmen sorgfältig ausgewählt. Da gibt es die intrigante Tante, der Bösewicht, das Liebespaar und so sicher wie das Amen in der Kirche bekommt auch der «Gutmensch» seinen Auftritt. Das ist jeweils die Person, die letztendlich dafür verantwortlich ist, dass die Bösen die Szenerie verlassen und die richtigen Personen in ewiger Liebe zusammenfinden. Dieses Erfolgsrezept funktioniert immer. Des Öfteren, wenn wir mit einer Reisegruppe von ERF Medien in Cornwall unterwegs sind, treffen wir auf Filmsets von Pilcher-Verfilmungen. Die spielen natürlich immer in den atemberaubendsten cornischen Landschaften.

Vergangenen Sommer war das auch so und ich kam kurz mit dem Aufnahmeleiter ins Gespräch. Da gerade keine Schauspieler zu sehen waren, fragte ich ihn, mit wem denn gedreht würde. Und dann kam eine unerwartete Antwort: «Ich muss rasch nachschauen!» Dann zückte er seine Unterlagen, schaute nach und nannte mir die Namen. Wie bitte? Da dreht dieser Mann einen der erfolgreichsten Streifen des Herzkino-Genres und kennt die Schauspieler nicht? Ich musste noch lange über diesen Moment nachdenken. Und dieser Aufnahmeleiter löste in mir Dankbarkeit aus über den «Aufnahmeleiter meines Lebens», über Gott. Mir kamen spontan viele Aussagen aus der Bibel in den Sinn. Diese zeigen mir, wie gut Gott mich kennt, ohne dabei in die Unterlagen zu schauen.

(Ganzen Artikel als PDF- Beitrag lesen)

Man stand auf, wenn der Hahn krähte und ging zu Bett nach Sonnenuntergang.
Hier einige Beispiele:
  • Alle Deine Wege sind mir bekannt.
    (Psalm 139,3)
  • Sogar die Haare auf Deinem Kopf sind gezählt.
    (Matthäus 10,29–31)
  • Ich kannte Dich, noch bevor Du empfangen wurdest.
    (Jeremia 1,4–5)
  • Du warst kein Fehler.
    (Psalm 139,15)
  • Du bist wunderbar gemacht.
    (Psalm 139,14)
  • Es ist mein Verlangen, Dich mit Liebezu überschütten.
    (1. Johannes 3,1)
  • Meine Gedanken über Dich sind unzählbar, wie der Sand am Meeresufer.
    (Psalm 139,17–18)
  • Ich singe vor Freude über Dich.
    (Zefania 3,17)
Diese wenigen Aussagen sind Ausdruck der Liebe Gottes über mein Leben. Und über die Geschichte mit ihm. Und es ist eine gute Geschichte.

«Es war einmal ...»:
So beginnt jede gute Geschichte

 

Vielleicht denken wir gerade in diesen Tagen an das vergangene Jahr. Oder noch weiter zurück. Vielleicht denken wir aber auch in die Zukunft. Egal wie wir denken – zwischen Vergangenheit und Zukunft liegt viel Zeit. Zeit, das ist ja so eine Einheit, die unser Leben in überschaubare Häppchen einteilt. Eine Zeitlang sind wir Säuglinge, dann kommen wir in die Teenagerzeit, um nach unruhigen Jahren in die Erwachsenenzeit einzutauchen. Dann kommt die Zeit, in der wir die Pensionierung geniessen. Und dann kommt die letzte Zeit – und dann ist die Zeit vorbei.

Je länger wir leben, umso schneller fliesst die Zeit. Wir merken, Zeit ist Geld. Also achten wir darauf, ja keine Zeit zu verschwenden und versuchen möglichst oft irgendwie Zeit zu sparen. Die Zeit steht niemals still, sie kommt, sie geht. Liegen wir gut in der Zeit? Hat die Zeit überhaupt einen Anfang, ein Ende? Woher kommt sie? Früher wurde das Leben durch die Natur gestaltet. Man stand auf, wenn der Hahn krähte und ging zu Bett nach Sonnenuntergang. Früher waren die Stunden eines Tages verschieden lang. Doch dann veränderte die mechanische Uhr das Leben sekundengenau. Ein neues Jahr gibt immer die Möglichkeit, die eigene Zeitrechnung neu zu definieren. Denn je genauer unserer Uhren funktionieren, desto grösser ist unser Lebensstress geworden.

Eines Tages werden wir sterben. Stimmt, aber an allen anderen sollten wir leben.

Die Entdeckung der Gelassenheit Gelassenheit beschäftigt heute fast alle. Es gibt auch ein gutes Wort dafür: Entschleunigung. Ich finde es ein schönes Wort, auch wenn es nicht ganz Deckungsgleich mit  Gelassenheit ist – aber vielleicht der erste Schritt. Um zu einer echten Gelassenheit zu kommen, braucht es sicher bei den meisten zuerst eine Entschleunigung ihres Lebens. Zur Entschleunigung gehört auch die Kunst, sich abgrenzen zu können. Abgrenzen von Wünschen, Aufgaben, Verpflichtungen, Erwartungen. Wir Menschen machen zu oft das, was andere erwarten und zu wenig was wir wollen. Ausgesprochene und unausgesprochene Erwartungen lösen grauenhaften Druck aus.

Jeder Mensch hat nur 100 Prozent Energie, mehr Ressourcen gibt es nicht – aber bei vielen wirkt es wie 150 Prozent Stress. Wer permanent mit mehr als 100 Prozent Energie lebt, wird irgendwann Schaden erleiden. Uns allen ist klar, dass wir ein Auto tourenmässig nicht permanent im roten Bereich fahren können.  Irgendwann raucht es, dann kommen Fremdgeräusche und der Wagen liegt flach. Was dann kommt, ist nervig ohne Ende. Abschleppdienst, Werkstatt, es kostet ... Na ja, Sie wissen selber, wie so eine Angelegenheit abläuft.

Auf uns übertragen kommt irgendwann eine enorme Unzufriedenheit. Aber nicht nur Unzufriedenheit, sondern auch Krankheiten. Daher kommen Sätze wie: «Mir liegt da etwas auf dem Magen» – Magengeschwüre. «Ich bekomme jetzt dann einen dicken Hals» – nicht selten müssen Menschen unter Stress husten. Die üblichen Stresskrankheiten. Wussten Sie, dass 70 Prozent der Krankheiten lebensstil-bedingt sind? Und da haben Stress, Unzufriedenheit und Druck einen grossen Einfluss. In der Bibel gibt es einen Text, der einen Tag im Leben von Jesus beschreibt. Im Evangelium von Markus 6,30–52 wird erzählt, wie Jesus schlimme Momente erlebt und trotzdem gelassen bleiben kann. Seine Erlebnisse dabei und seine Stimmung kann man wie in diesem Kästchen zusammenfassen (siehe PDF):

Muss ich immer reagieren, wenn alle etwas von mir wollen?

Dies war nun wirklich kein Tag, der Grund gab gelassen zu bleiben. Dramatisch, hektisch, arbeitsintensiv, persönlich fordernd. Nehmen wir nur einen einzigen Punkt aus diesem Tagesablauf: Die Speisung der  5000. Das war ja so etwas wie ein gross angelegtes Picknick.

Versuchen Sie einmal ein Picknick für 5000 Leute zu organisieren ... Und als Serviecepersonal haben Sie nichts anderes zur Verfügung als 12 unerfahrene Männer, die meistens zur Aufmüpfigkeit neigen und dauernd ihre eigene Meinung einbringen. Wir würden zuerst ein Organisationskomitee organisieren. Das käme dann zum Schluss, dass die Rahmenbedingungen zu schlecht sind für ein Massen-Picknick und wir doch eher den Party-Service kommen lassen.

Wie hat Jesus solche Tage ausgehalten?

Weshalb hat er keine Magengeschwüre oder Migräne bekommen? Wo bliebenseine Rückenschmerzen, Depressionen und seine schlaflosen Nächte? Er hätte allen Grund gehabt, mit diesen Stress-Symptomen zu den damaligen Ärzten zurennen. Er hatte Druck von seinen Jüngern. Die waren meistens irgendwie rebellisch. Wenn sie nicht gerade über Tischordnungen im Himmel diskutierten undwer der Grösste sei, hatten sie bestimmtwieder ein seemannstechnisches Problem.Jesus hatte Druck von den Menschen rundum ihn. Sie wollten geheilt werden, sie wollten wissen wer er ist, sie wollten, dass er Dämonen austrieb, sie wollten und wollten und wollten.

 

Und dann hatte Jesus auch Druck von Politikern und Kirchenfürsten. Sie provozierten Jesus, sie wollten ihn aufs theologische Kreuz legen, einzelne wollten ernsthafte Gespräche an geheimen Orten. Und Jesus bewältigte dies alles mit meistens sehr grosser Gelassenheit. Wie schaffte er das? Wenn wir gelernt haben uns selber zu lieben, unsere Kräfte richtig einzuteilen, unsere Fähigkeiten statt der Schwächen einzusetzen, fällt es uns leichter, uns abzugrenzen. Egal wo Sie heute stehen. Wichtig ist nur, dass Sie einsteigen. Dass Sie den negativen Kreislauf von Stress und Hektik durchbrechen und in einen neuen Kreislauf einsteigen – in den, der Jesus Ihnen vorgelebt hat. Ein neues Jahr ist da – durchaus ein guter Moment, um die Zeit in die eigenen Hände zu nehmen.

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