Von Sandra Meichtry
Wanda Wandels nasskühle Hundenase an meinem Arm stupst mich aus meinen Gedanken. Soeben haben wir einen weiteren Hügel erklommen. Während wir unsere pulsierenden Füsse – respektive Pfoten – im Blumenwiesenteppich abkühlen und den Blick über die weite Landschaft schweifen lassen, brüten wir über der Reiseroute für die kommenden Wochen. Nehmen wir die nächste Hügelkette im Nordwesten in Angriff oder überqueren wir den See im Nordosten? So oder so: Wir werden unbekanntes Terrain betreten.
Wanda wer? Genau, Sie kennen Wanda Wandel ja noch gar nicht. Seit nunmehr 49 500 Kilometern begleitet mich die Trüffelhündin als treue Freundin auf meiner Reise von «Accomodatio» via «Authentica» nach «Veracitas». Bald erreichen wir die 50 000. Bei einem Tempo von tausend Kilometern pro Jahr sind wir schon ordentlich weit gekommen in den letzten 50 Jahren. Fünf-zig! Jah-re! Weit mehr als ein Hundeleben – im doppelten Sinne. Denn Wanda Wandel ist natürlich eher imaginärer Protagonist und Analogie als ein schnüffelbegabtes Fellknäuel aus Fleisch, Blut, Pelz und Ideen-Flöhen. Aber was hat dieser «Analogiehund» mit Veränderung und mit mir zu tun? In der Tat so einiges. Doch lassen Sie mich zuerst erklären, in welchen Facetten sich die Veränderung in meinem Leben aktuell zeigt:
Tatsächlich werde ich in diesem Jahr noch 50 Jahre alt und unsere Tochter volljährig. Ich stecke derzeit mitten in einer Weiterbildung und möchte beruflich nochmals so richtig Gas geben und meinen Erfahrungsschatz wertschöpfend einsetzen. Mein Lebensrucksack ist nach 49 Lenzen ordentlich gefüllt mit Erlebnissen und Erkenntnissen, geprägt durch meine Entscheidungen, aber auch durch Veränderungen, die mir das Leben ungefragt, teils hinterrücks oder auch mal als freudige Überraschung ins Gepäck gestopft hat. Da wären zum Beispiel der Verlust meiner Mutter als ich 20 Jahre alt war, die herausfordernde Zeit mit einem Schreibaby, eine Phase der Arbeitslosigkeit meines Mannes oder beispielsweise meine Neurosensitivität, die es erst zu entdecken galt. Und noch immer gilt.
Das nur «fast richtige Wort» weckt in mir schlafende Hunde
Ganz ehrlich? Mir gefällt die universelle Verwendung des Begriffs «Veränderung» nicht. In meinem Empfinden ist er zu schal, um alle ihre Nuancen einzufangen. Denn so sehr ich den Wandel liebe – die Veränderung mag ich weder auf Anhieb noch in jeder Façon. Und die Disruption fürchte ich. Deshalb unterscheide ich die drei «game-changer»:
Der Wandel – auf der Fährte von Wohlgeruch und Wahrhaftigkeit
Wandel ist wie Trüffel suchen: Mir ist er Herzenssache, Freudenspender und Antrieb zugleich. Er fordert Instinkt, eine feine Spürnase, Beharrlichkeit sowie eine Vision vom Duft der Delikatesse. Zudem ergibt die Buddelei einen tieferen Sinn: Entweder schöpfe ich mit dem unterirdischen Gold Wert, indem ich es verkaufe, oder es spendet mir und meinen Gästen mit seinem unverkennbaren Wohlgeruch erlesene Gaumenfreuden. Und Spass macht die Jagd nach der erlesenen Knolle sowieso! Trüffel wachsen nur in für sie geeignetem Boden, unter den richtigen atmosphärischen Bedingungen – genau so, wie Wandel nur im Kontext eines wohlwollenden Umfelds zur fruchtbaren Gewohnheit wird.
Wanda Wandel, diese intelligente, schalkhafte, aufgeweckte und manchmal eigensinnige Trüffelhundedame ist Teil meiner DNA. Was mich beseelt, sind mein Wissensdurst und meine Begeisterung dafür, Sinn zu finden und Dinge zu verbessern, Schönes einzufangen und Freude zu bringen. Dieser Antrieb entspringt meiner intrinsischen Motivation, «hin zu …» und nicht «weg von …» zu agieren. Mein Ziel? Via Authentizität zur Wahrhaftigkeit gelangen. Wandel ist also stets Bewegung und ein Streben nach dem Wahren, Guten, das Gott in mich gelegt hat, als er sich entschied, dass diese Welt so eine Sandra wie mich braucht. Oder Sie. Oder so ein Unternehmen wie Ihres oder solche Mitarbeitende wie Ihre. Authentizität hingegen steckt im Heute fest und sagt eher etwas über den Status quo des Reifeprozesses aus. Wie ein Selfie beim Zwischenstopp in «Authentica» auf dem Weg nach «Veracitas» quasi.
Und weil Wanda vor lauter Spieltrieb und Begeisterung gelegentlich überdreht, lege ich grossen Wert auf liebevolle und konsequente Erziehung. Wir profitieren dabei von Menschen, die uns spiegeln, konstruktiv hinterfragen und uns andere Perspektiven aufzeigen. Solche, die das wirklich gelernt haben und so einiges über Persönlichkeitsentwicklung und systemische Zusammenhänge wissen. Und ich halte mir vor Augen, dass ich ein Leuchtkörper bin, der nur so hell scheint, wir er angestrahlt wird: Ohne meinen Blick fest auf Gott zu richten, geht gar nichts.
Die Veränderung – den inneren Schweinehund überwinden
Meine Hypothese: Veränderung wird in der Regel von aussen angestossen. Im Gegensatz zum Wandel, der dem Herzen entspringt, proaktiv agiert und sinnstiftend neue Wege findet. Die Wechseljahre heissen nicht umsonst «Abänderung», was wiederum näher bei Veränderung als beim für mich eher positiv konnotierten Wandel liegt. Oder die Umstrukturierung, die über mich hinwegfegte. Dahin war der Traum vom Aufbau des neuen Teams, obwohl ich den Vertrag doch seit Wochen in der Tasche hatte. Was mir in Veränderungssituationen hilft? Zähneknirschen, Trauer zulassen, akzeptieren, Anlauf holen, Komfortzone in kleinen Schritten verlassen, die Angst vor dem Unbeeinflussbaren an meinen Chef im Himmel delegieren. Und Unterstützung holen, wenn ich im Tal der Tränen zu versinken drohe.
Die Disruption – einfach nur hundeelend
Sie zerfetzt das Leben aus heiterem Himmel in ein Vorher und ein Nachher. Der frühe Tod meiner Mutter markiert eine solche Zeitenwende, die nachhallt. Auch wenn die Trauerwellen sanfter werden und die Abstände grösser, fluten sie auch heute noch gelegentlich meinen Lebensweg. Auch wenn ich bis heute nicht verstehe, wieso Gott dies alles zugelassen hat, kann ich doch bezeugen, dass er mich nie allein gelassen hat.
Der Ausblick
Ich werde Wanda Wandel von der Leine lassen und ihre Talente dazu nutzen, Unternehmen zu ermutigen und Menschen für den Wandel zu begeistern. Meine Tätigkeit im Marketing bedeutete bis anhin zu häufig, Unternehmen mit einem Duft zu besprühen, den der Organismus nicht von sich aus verströmt. Wahrhaftigkeit riecht anders. Und sie bringt eine reichere Ernte. Darum springe ich ins kalte Wasser und schwimme los – das neue Ufer fest im Blick, den Riechknubbel im Wind. Trüffel, wir kommen!