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Mein Weihnachtsengel | (c) Ava Sol on unsplash

Der weihnachtliche Schutzengel — eine Weihnachtsgeschichte

«Meine Weihnachtsgeschichte» – erzählt von Stefanie
Publiziert: 02.12.2020

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«Guten Morgen, Kinder», begrüsst die Lehrerin, Frau Roser, ihre 3. Klasse und stellt einen Korb auf den Tisch, welcher mit einem weissen Tuch überdeckt ist. Sofort wird es mucksmäuschenstill und alle starren gebannt auf das verdeckte Etwas. «Was ist dort drin?», wagt Sofie als Erste die Stille zu brechen. «Wir werden heute gemeinsam eine Weihnachtskrippe basteln», antwortete Frau Roser. Sofort bricht lautes Jubeln aus.

Nach fünf Minuten wildem Durcheinander bringt die Lehrerin ihre Sprösslinge zum Schweigen: «So, nun kommt mal alle nach vorne und werft einen Blick in den Korb.» Das lassen sich die Kinder nicht zweimal sagen, und im Nu sind alle vorne beim Tisch versammelt und bestaunen die prächtigen Krippenfiguren, welche wohlbehütet auf einem Tuch liegen. Alle sind total begeistert, nur Max gibt sich nicht besonders interessiert. Gelangweilt scharrt er mit seinem Fuß auf dem Boden hin und her. Doch niemand scheint dies zu bemerken, denn alle machen sich nun für die große Bastelei bereit.

Lustlos setzt sich Max an seinen Platz. «So Kinder, jetzt bilden wir Gruppen. Wer will den Stall basteln und wer will die anderen Engel zeichnen?», fragt Frau Roser in die Runde.

Ausnahmsweise ist das Aufteilen in verschiedene Arbeitsgruppen heute gar nicht schwer, denn fast jeder scheint genau zu wissen, welcher Aufgabe er sich am liebsten widmen möchte. Die Lehrerin bemerkt jetzt, wie Max lustlos vor sich hinstarrt und auf seinem Stuhl sitzen bleibt. «Ist etwas nicht in Ordnung? Wo möchtest du am liebsten mitmachen?», fragt sie den Jungen. «Hmmm …», meint dieser nur und starrt weiter vor sich hin. «Mach doch bei den Engeln mit», schlägt sie ihm vor. Aber Max schweigt bloss und regt sich nicht. «Na gut, du kannst ja auch hier ein paar Engel zeichnen», beschliesst Frau Roser und bringt Stift und Papier. Dann lässt sie den Knaben in Ruhe und beginnt ihren Rundgang von Gruppe zu Gruppe.

Max fixiert sein Blatt noch eine Weile und beginnt dann zu schreiben: Ich glaube nicht an Weihnachten, weil das doch alles nur erfunden ist. Es gibt keine Engel und keinen Christus. Auch diese Sache mit dem Stern als Wegweiser ist doch Quatsch. Wer folgt schon einem Licht, welches am Himmel herumfliegt? Wenn das alles wahr wäre, so hätte ich jedes Jahr ganz viele Geschenke bekommen. Gäbe es Weihnachten wirklich, so würden doch alle Menschen feiern, auch wir.

Der Junge ist so in seine Arbeit vertieft, dass er den überraschten Blick von Frau Roser gar nicht bemerkt. «Was schreibst du denn da?», will sie wissen. Erschrocken fährt Max zusammen, worauf das Blatt vom Tisch segelt, direkt vor die Füsse einer Mitschülerin. Lina hebt das Papier hoch und beginnt leise zu lesen: «Was?», ruft sie erstaunt, «Du glaubst nicht an Weihnachten?» Sofort richten sich alle Blicke auf Max, dem es allmählich ziemlich unwohl wird. «Nein, tu ich nicht!», bestätigt er und steht mit einem Ruck auf. «Aber warum denn nicht?», will Sofie wissen. «Weil das alles erfundener Quatsch ist», schreit Max und rennt nach vorne zur Kiste. Er wirft einen letzten Blick hinein und stürmt erzürnt aus dem Zimmer.

Bald schon wird er von einem verzweifelten Schluchzer geschüttelt. Warum glaubt denn jeder an Weihnachten? Jeder feiert dieses Fest und alle sind glücklich und froh. Aber in meiner Familie tut das keiner. Max rennt weiter und achtet nicht darauf, wohin ihn seine Füsse tragen.

Mittlerweile haben die Kinder grosse Pause und verlassen das Zimmer. Frau Roser hat sich mit Max’ Eltern in Verbindung gesetzt und ihnen alles erzählt, jedoch auch versichert, dass sie sich keine Sorgen machen müssen. Max werde sich bald wieder beruhigen und zurückkommen.

Im Klassenzimmer ist es still, nur ein leises Flüstern ist zu vernehmen: «Los, Gabriel, jetzt ist es so weit. Ich glaube, du musst gehen», meint eine tiefe Männerstimme. Und dann bewegt sich etwas. Zuerst sind ein paar Flügel zu sehen, und bald schon erkennt man auch einen Kopf mit einem hellen Licht darüber. Kurz darauf schwebt ein kleiner Engel aus dem geflochtenen Behälter. Eilig sieht er sich um und entdeckt dann ein kleines Fenster, durch das die kalte Winterluft hineinströmt. Flink schlüpft er durch den Spalt und manövriert sich geschickt zwischen den großen Schneeflocken hindurch, welche mittlerweile sanft vom Himmel fallen.

Max rennt immer noch. Er kann es nicht fassen, alles um ihn herum ist in Weihnachtsstimmung. Er konzentriert sich so sehr darauf, dass er das heranrasende Auto nicht wahrnimmt. Und dann geschieht es. Beinahe wäre er von der blechernen Motorhaube in die Luft geschleudert worden, hätte nicht irgendetwas nach ihm gerufen. Aus den Gedanken gerissen, wirbelt Max herum und traut seinen Augen nicht. Da schwebt tatsächlich ein kleiner Engel vor ihm in der Luft. «Mach so was nie mehr!», ermahnt ihn sein zauberhafter Retter. «Wer bist du?», will Max wissen. «Ich bin Gabriel.» – «Der Gabriel von der Weihnachtsgeschichte?» – «Genau der. Siehst du Junge, Weihnachten gibt es doch.»

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