Von Dän Zeltner
Letztes Jahr hatten wir als Familie das Privileg, ein dreimonatiges Sabbatical in den USA verbringen zu dürfen. Bei einer lockeren Unterhaltung mit einem befreundeten Pastor traf mich folgende Aussage mitten ins Herz: «Gott ist nicht in Eile, deshalb sind wir es auch nicht.» Es war ein beiläufiger Satz, der aber in meiner Seele auf dermassen viel Resonanz gestossen ist, dass dadurch meine letzten neun Monate von einer ungewohnten inneren Ruhe und Genugtuung geprägt waren.
Grundsätzlich lebe und liebe ich ein intensives Leben. Zuhause halten mich sechs Kinder auf Trab und natürlich bringt mich auch meine Frau ab und zu auf die Palme. Als Gemeindeleiter von Equippers, einer Freikirche mit mittlerweile drei Standorten, warten auf mich regelmässig mehr Aufgaben als ich eigentlich erledigen kann. Und wären da nicht noch meine musikalischen Projekte und Engagements, die mich insbesondere an den Wochenenden vereinnahmen, dann könnte es mir schon fast langweilig werden. Eine Entschleunigung meines Lebens war bis anhin für mich kein Thema. Schliesslich liebe ich das, was ich tue, und als Macher-Typ tanke ich Energie, wenn es etwas zu erledigen und zu erreichen gibt. Aber meine Familie, meine Team- Kollegen und meine Freunde haben die letzten Jahre einen hohen Zoll für meinen Eifer bezahlt. Nicht selten habe ich mich selbst überschätzt und war dann dringend auf die aufopfernde Hilfeleistung meines Umfelds angewiesen. Irgendwie war ich innerlich immer unter Zugzwang und setzte damit auch meine Mitmenschen unter Druck.
Umso mehr fasziniert mich momentan der Bibelvers aus 2. Mose 34,6, wo Gott sich selbst vorstellt, als er bei seinemDiener Mose vorüberschreitet: «Ich bin der HERR, der barmherzigeund gnädige Gott. Meine Geduld ist gross, meine Liebeund Treue kennen kein Ende.»
Gott scheint nicht unter Druck zu sein, wenn wir Menschen versagen – er ist geduldig. Er muss auf Unvorhergesehenes nicht sofort reagieren, um sich sicher zu fühlen – seine Liebe und Treue kennen kein Ende. Für Gott gibt es keine verpassten Chancen – ein Wort von ihm schafft sofort wieder eine verheissungsvolle Ausgangslage. Er lässt sich nicht durch Situationen oder Erwartungen aus der Ruhe bringen – er ist souverän. Einzig im Gleichnis vom verlorenen Sohn lesen wir, dass Gott doch ins Rennen kommen kann. Denn Lukas 15,20 erwähnt, dass der geduldig wartendende Vater seinem heimkehrenden Sohn entgegenrannte, als sich dieser von Weitem blicken liess. Im jüdischen Kontext ist ein rennender Vater eine Art Entwürdigung der patriarchischen Vaterfigur. Aber die unaufhaltsame Liebe selbst scheint dieser triftige Grund zu sein, dass er seinem Sohn entgegeneilt und es nicht erwarten kann, ihn wieder in seine Arme zu schliessen.
Während unserem Sabbatical durfte ich erleben, wie Gott alles in Bewegung setzte, damit ich zur Ruhe kam. Sein Ziel ist es, uns möglichst schnell bei sich zu haben. Dafür lohnt es sich, täglich Vollgas zu geben. Alles andere ist nicht so dringend. Also, worauf wartest du noch?