Die charismatische Bewegung zieht sich durch die ganze Kirchengeschichte hindurch. Sie ist charakterisiert durch die Sehnsucht nach dem Erlebbaren, nach der Präsenz von Gott. Charismatiker waren immer ein wenig die Unangepassten und Unruhigen, erzählt Felix Ruther. Entsprechend wurden sie in der Kirchengeschichte immer wieder gebremst und reglementiert.
Eine moderne Erscheinung dieser Bewegung entstand 1906 in Los Angeles in Form der Pfingstbewegung, welche in den Folgejahren durch einen gewaltigen Aufbruch gekennzeichnet war. Weitere Aufbrüche gab es später beispielsweise auch in der katholischen Kirche. Die unmittelbaren Erlebnisse von Gott sind immer eine Sehnsucht. Darum gibt es immer wieder solche Aufbrüche, erklärt Ruther.
Zentral in der charismatischen Tradition ist die Person des Heiligen Geistes. Er ist die Kraft, welche die Kirche zum Leben bringt. Darum sei es immer wieder wichtig, den Heiligen Geist neu zu erwarten und ihm Raum zu geben, so Ruther.
«Menschen, welche ‹beheiliggeistert› sind, erleben, dass neue Fähigkeiten in ihnen wachsen. Die Lehre der Geistesgaben hat zu einer Entspannung geführt. Ich darf erkennen, was meine Begabung ist und im diesem Bereich Vollgas geben. Das andere kann ich liegenlassen. Ich muss nicht alles können.» Eine Erkenntnis der charismatischen Bewegung sei, dass man als Ergänzung miteinander unterwegs sein kann.
Serie «Lehrreiches aus den Glaubenstraditionen»
Der christliche Glauben wurde geprägt von verschiedenen Glaubenstraditionen. In einer Serie wollen wir sie entdecken und herausfinden, welchen Gewinn sie uns heute gebracht haben.
Felix Ruther ist Naturwissenschaftler und Theologe. Er ist freier Mitarbeiter der Vereinigten Bibelgruppen VBG und war auch deren langjähriger Leiter. Er gibt uns Einblick in die verschiedenen Traditionen.