Die Reformation war eines der prägendsten Ereignisse unserer Kirchengeschichte. Sie hat uns zwei grosse Errungenschaften gebracht: die Bibel in der Sprache des Volkes und das Verständnis von einem gnädigen Gott.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts herrschte in verschiedenen Orten Europas bezüglich des christlichen Glaubens Aufbruchstimmung. Die bekanntesten Persönlichkeiten waren Luther, Zwingli und Calvin.
Martin Luther war auf der Suche nach dem gnädigen Gott. Die katholische Kirche lehrte nämlich damals, dass man sich die Liebe von Gott mit Leistung verdienen müsse. Mit Geld konnte man sich das Seelenheil oder eine Abkürzung durch den Vorhimmel kaufen.
Luther stellte jedoch fest, dass Gott gnädig ist. «Die Gemeinschaft mit Gott muss man sich nicht verdienen. Man kann einfach Ja sagen. Das ist ein befreiendes Lebensgefühl: aus der Gnade leben und nicht aus der Leistung», erklärt Ruther. Das neue Gottesverständnis der Reformation war eine Befreiung für die Menschen, welche von der Kirche unterdrückt wurden.
Ruther ist überzeugt, dass in der heutigen Gesellschaft die Botschaft der Gnade dringendst gebraucht wird. «Jeder, der die Leistung nicht mehr bringt, ist in dieser Welt Abschaum.» Die Gnade jedoch stifte den Wert des Menschen.
Zudem tat Martin Luther etwas Revolutionäres: Er übersetzte die Bibel in die Sprache des Volkes, so dass sie verstanden wurde. Dabei war der Reformator auch sprachschöpferisch tätig.
Die Bibel vermittelt uns die Stimme von Gott, sagt Ruther. Darum höre er mit einem Ohr an der Bibel, mit dem anderen an der Zeitung.
Serie «Lehrreiches aus den Glaubenstraditionen»
Der christliche Glauben wurde geprägt von verschiedenen Glaubenstraditionen. In einer Serie wollen wir sie entdecken und herausfinden, welchen Gewinn sie uns heute gebracht haben.
Felix Ruther ist Naturwissenschaftler und Theologe. Er ist freier Mitarbeiter der Vereinigten Bibelgruppen VBG und war auch deren langjähriger Leiter. Er gibt uns Einblick in die verschiedenen Traditionen.