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Hoffnung und Mut | (c) unsplash
Hoffnung und Mut | (c) Lina Trochez/Unsplash

Mutmacher in unserem Leben

Von Menschen, die uns auch mal den Kopf waschen
Publiziert: 19.01.2018

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Verena Birchler

Wir Schweizer sind ja nicht gerade Helden in Sachen «positives Denken». Auf die Frage «Wie geht es dir?», antworten viele mit «Jo, i chan nöd chlage». Oder auch beliebt ist die Formulierung «Jo, muess halt». Mir wäre dann jeweils ein klares «Mir geht es gut» oder «Mir geht es schlecht» lieber. Wir Schweizer machen selten klare Ansagen. Dabei ist es gerade das, was uns weiterbringt.

Ich erinnere mich an meinen Trainer, der mich begleitete, wenn ich früher an den Wochenenden an Reitsportveranstaltungen unterwegs war. Es war damals nicht anders als heute. Man hatte einen Parcours zu reiten und dabei möglichst Fehler zu vermeiden. Ich liess mich jeweils sehr von diesen Fehlern verunsichern. Hatte ich am zweiten oder dritten Sprung schon einen Stangenabwurf, brachte mich das völlig aus dem Konzept. Ich studierte über diesen Fehler nach, manchmal schaute ich sogar zurück. Dabei verpasste ich, mich auf den nächsten Sprung zu fokussieren. Kein Wunder, ritt ich dann manchmal mit drei, vier Fehlern durchs Ziel. Mein Trainer sagte mir damals etwas, das mein Leben nachhaltig prägen sollte: «Jedes Mal, wenn du eine Stange abwirfst, bleibst du genau dort hängen. Du reitest nicht mehr vorwärts. Dieser Fehler prägt deinen ganzen weiteren Ritt. Wenn du einen Fehler machst, lass ihn hinter dir. Schau vorwärts und nutze die nächsten Sprünge, um es besser zu machen.» Ich hörte ihm damals gut zu, ohne zu wissen, dass mir genau diese Wahrheit später in der Bibel begegnen würde: Vorwärtsgehen, auch wenn ich vieles falsch mache. Mit seiner Art wurde dieser Trainer mein erster, wichtiger «Mutmacher » in meinem Leben. Und wenn ich heute zurückschaue, bin ich dankbar für die vielen Menschen, die mich mutmachend durch die Abenteuer des Lebens begleitet haben.

Menschen, die uns weiterbringen, sind manchmal ganz schön unbequem
Mutmacher sind nicht immer die lauten, die berühmten, die wortgewaltigen VIPs, die Powergeistlichen, die an vielen Konferenzen auftauchen. Sie tauchen nach diesen Veranstaltungen für uns meistens unerreichbar wieder ab. Was wir brauchen sind Mutmacher, die uns immer begleiten. Die uns nachhaltig prägen. Die bei uns sind, wenn wir sie brauchen. Ich denke dabei gern an Samweis Gamdschie. Wir kennen ihn als Gefährten Sam. Er begleitete in «Herr der Ringe» Frodo, den Helden aus J. R. R. Tolkiens Roman. Sam ist für mich der eigentliche Held, obwohl Frodo immer im Zentrum des Geschehens stand. Frodo hätte das Ziel nie erreicht, wenn Sam ihn nicht immer wieder ermutigt hätte. Er stand ihm zu jeder Zeit bei, in allen Situationen. Sogar am Ende, als Frodo den Ring nicht ins Feuer werfen wollte, war es Sam, der bei Frodo blieb. Sam war es auch, der die miesen Machenschaften und den noch mieseren Charakter von Gollum erkannte. Sam war ein Mutmacher, den wir uns alle für unser Leben wünschen. Echt, ehrlich, unbequem, achtsam.

Mutmacher sind oft näher als wir denken. Meine Facebook-Freunde haben mir das bestätigt. Ich wollte von ihnen wissen, wer ihnen in welchen Momenten Mut gemacht hatte. Über 90 Prozent wurden motiviert, gestärkt und ermutigt durch Menschen in ihrem näheren Umfeld. Bei schweren Krankheiten und beim Sterben waren es oft die Betroffenen selbst, die ihr Umfeld ermutigten. Da waren Menschen, die an die Fähigkeiten von Zweifelnden glaubten. Oder ein Coach, der jemanden motivieren konnte, trotz grosser Angst über eine Hängebrücke zu gehen. Und ich denke an die Frau, die im Hospiz arbeitet und dadurch gelernt hat, das Leben nicht so tierisch ernst zu nehmen und für jeden Tag dankbar zu sein. Oder jener junge Mann, der seinen Kopf in den Sand stecken wollte, nachdem er zum zweiten Mal durch die Fahrprüfung gerasselt war. Eine Freundin hat ihm dann eben diesen Kopf gewaschen, und heute ist er glücklich, dass er es geschafft hat. Wir brauchen Menschen, die uns helfen.

Sich helfen lassen ist keine Schande
So erging es auch Mose: Er wurde von Gott zu einer grossen Aufgabe berufen (2. Mose 3,1–4,20). Er sollte das Volk Israel ins Heilige Land bringen. Dieser aufmüpfige Haufen, der dauernd rebellierte, sich permanent neue Götter suchte und immer den Hang zum Resignieren hatte. Mose war ausredentechnisch sehr begabt: «Ich, nein, das kann ich nicht.» – «Man wird mir nicht glauben.» – «Was soll ich denn sagen?» – «Ich habe eine schlechte Vergangenheit.» – «Ich kann nicht reden.» Gott stellte Mose einen Mutmacher zur Seite: Aaron. Er war ein guter Redner. Gott sagte zu Mose: «Dein Bruder Aaron wird dir helfen. Er kann gut reden. Und jetzt nimm deinen Stab und geh nach Ägypten. » Aaron wurde sozusagen Moses Pressesprecher und konnte ihn so ermutigend unterstützen. Heute wäre dieser Dialog vielleicht anders. – Mose: «Ja, ich würde schon gerne, aber ich bin noch nicht so weit … Blablabla…» – Gott: «Mach’s einfach!»

Kraftworte können unser Leben prägen. So wie dies mein Trainer in meiner Jugendzeit gemacht hat. «Schau nicht zurück. Schau vorwärts.» Dieser Satz war sehr konkret und für mich nachvollziehbar. Später bezog ich das auch auf Situationen, in denen ich versagt hatte. Momente, in denen ich mir selber kaum vergeben konnte. Irgendwann kam Jesus in mein Leben und mit ihm ein ganz neuer Umgang mit meinem Versagen. Für mich ist Jesus der grösste Mutmacher überhaupt. Er hat uns die Vergebung geschenkt. Wir alle brauchen das. Nicht im Sinn von «Schwamm drüber». Jesus gibt uns immer wieder die Chance zum Neustart. Und damit entsteht eine neue Nähe zu mir selber. Wenn uns diese Nähe auch näher zu Gott bringt, müssen wir nicht mehr das Vergangene, das Versagen fokussieren. Jesus macht uns Mut für die Zukunft.

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