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Verena Birchler | (c) ERF Medien
Verena Birchler | (c) ERF Medien

Mit Leidenschaft für gute Nachrichten

29 Jahre lang engagierte sich Verena Birchler als Marketing-Leiterin für mehr gute Nachrichten in den Medien.
Publiziert: 15.10.2019

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Von Hanspeter Hugentobler

Seit 29 Jahren engagiert sich Verena Birchler mit Herzblut als Marketing-Leiterin für mehr gute Nachrichten in den Medien. Grund genug, sie kurz vor der Pensionierung zu befragen, was sich in dieser Zeit verändert hat und wofür ihr Herz weiterhin schlägt.

 

Verena, du bist 1990 als Mitarbeiterin bei ERF Medien gestartet – du überblickst damit fast 30 Jahre Mediengeschichte. Was sind aus deiner Sicht die grössten Veränderungen in der Medienwelt?

Vor 30 Jahren waren die Medien definitiv schwieriger zu bekommen. Die Zeitungen musste man kaufen, für Musik musste man in den Plattenladen und für gute Filme ins Kino. Das Angebot war eingeschränkt und kostspielig. Das digitale Zeitalter hat die Karten neu gemischt. Der Konsument will alles sofort und nichts mehr dafür bezahlen. Und noch nie waren Journalisten so bedroht wie heute. Nicht in der Schweiz, aber in Ländern, wie zum Beispiel China, Saudi Arabien, der Türkei oder Russland. Investigativer Journalismus wird verhindert bis zur Ermordung.

 

Wo siehst du die Chancen, wo die Gefahren dieser medialen Entwicklungen?

Die Vielfalt des Medienangebotes ist fantastisch. Ich habe im Internet unendliche Möglichkeiten, mich ausserhalb meiner eigenen Blase zu informieren. Zudem bin ich viel schneller über aktuelle Ereignisse informiert. Dass dies gleichzeitig auch die Gefahren sind, liegt auf der Hand. Denn Vielfalt und Geschwindigkeit sind noch keine Garanten für gut recherchierte Inhalte. Hier muss der Konsument selbst Verantwortung übernehmen und sich nicht nur auf seinen Lieblingsseiten informieren. Doch leider findet das nur in wenigen Fällen statt.

 

Du nimmst den Konsumenten in die Mitverantwortung?

Unbedingt. Nehmen wir als Beispiel die Bezahlmedien: Wir haben uns zu einer Gratisgesellschaft entwickelt, möchten aber Topqualität. Früher erhielt ein Journalist für einen gut recherchierten Artikel im Umfang von zwei A4-Seiten ein Honorar so um die 1600 Franken. Heute bekommt er für dieselbe Leistung noch 300 bis 400 Franken. Wir Konsumenten sind mitverantwortlich für die schlechtere Qualität in den Medien. Qualität hat nun mal seinen Preis. Zudem wollen wir nicht nur alles gratis, sondern auch sofort.

 

Wie meinst du das?

Nehmen wir als Beispiel den Brand der Notre-Dame in Paris: In den sozialen Medien kamen umgehend Bemerkungen, «Fakten», plötzlich gab es gefühlte drei Millionen Brandspezialisten. Und auch die Verschwörungstheoretiker waren bereits nach zwölf Minuten am Start. Es ging nichtlange, da schimpften die Ersten in den sozialen Medien über die öffentlich-rechtlichen Medienveranstalter: «Da brennt eines der grössten Weltkulturerbe und was gibt es auf SRF? Genau! Nichts!» Doch was sollten sie bringen? Fakten gab es noch keine, vor Ort wurde aber fleissig recherchiert – mehr ging nicht. Seriös ist doch, zuerst die Faktenlage zu klären, Expertenmeinungen einzuholen, sauber zu recherchieren, alles zusammenzustellen und dann zu berichten. Doch das dauert halt. Der Medienkonsument und die Aktiven in den sozialen Medien sind ungeduldig. Sie wollen Infos – und zwar jetzt! Sofort! Egal was! Sind wir ehrlich, drei Tage später interessierten sich bereits nur noch wenige für diesen Brand. Dass es sich dabei weder um einen terroristischen Anschlag noch um irgendwelche Verschwörungen handelte, war Schnee von gestern. Man jagte bereits die nächste Sau durchs «Medien»-Dorf.

 

ERF Medien waren 1990 ein kleines Team mit Sitz in Herrliberg – heute sind wir ein mittelgrosses Medienunternehmen mit mehr als 40 festen Mitarbeitenden. Wie hast du diesen Weg der letzten 30 Jahre erlebt?

Die Weiterentwicklung der Möglichkeiten hat mich immer gefreut. Wir waren ja lange Stofflieferant für Lokalradios in Sachen Glauben und Gesellschaft. Das sind wir auch heute noch. Dass wir aber von Beginn weg mit FENSTER ZUM SONNTAG, Radio Life Channel und allen sozialen Medien auch bei anderen Medienschaffenden respektiert wurden, war mit viel Arbeit und Einsatz verbunden. Was heute möglich ist, ist das Resultat früherer Arbeit. Die Verantwortlichen von ERF Medien haben in all diesen Jahren Möglichkeiten erkannt und diese auch genutzt. Ich denke da auch an die Verbreitungsmöglichkeiten. Wir gehörten zu den ersten, die auf DAB+ setzten. Und so war das in all den Jahren. Das bedeutet auch, was wir jetzt entwickeln, wird der Boden für die nächste ERF Medien-Generation sein. Lasst uns also heute die Zukunft bauen.

 

Du warst Journalistin, TV-Moderatorin, Mediencoach, Referentin, Reiseleiterin, Fundraiserin, Abteilungsleiterin, stellvertretende Geschäftsführerin und vieles andere mehr – welche Rolle lag dir am ehesten und welcher Rolle trauerst du nicht nach?

Ganz ehrlich – dem Fundraising trauere ich nicht nach. Die Belastung, Jahr für Jahr die nötigen finanziellen Mittel zu sammeln, war für mich manchmal schwieriger, als ich mir anmerken liess. Vielleicht habe ich mich da auch etwas zu sehr verantwortlich gefühlt. Fehlen wird mir definitiv das journalistische Schaffen. Das Life Channel Magazin habe ich immer mit grosser Leidenschaft verantwortet.

 

Was waren deine persönlichen Highlights in deiner Zeit bei ERF Medien?

Menschen!!! Ich könnte ganze Bücher schreiben über Begegnungen mit Menschen im Zusammenhang mit meiner Arbeit. Zu den grossen Highlights gehörten aber auch die Anfänge von FENSTER ZUM SONNTAG. In den Medien wurde getitelt: «Jetzt kommt das Sektenfernsehen. » Dass wir damals gleich Hugo Stamm in die erste Sendung eingeladen hatten, war diesbezüglich ein klares Zeichen. Denn damit signalisierten wir, dass wir kein Sektenfernsehen sein wollten. Persönlich freue ich mich sehr über die Weiterentwicklung dieses Formates über all die Jahre. Interessant ist die Nachhaltigkeit des Mediums Fernsehen. Ich werde heute noch auf meine Zeit als Moderatorin von FENSTER ZUM SONNTAG angesprochen.

 

Was waren deine grössten Herausforderungen – und wie gingst du damit um?

Das war sicher die Lancierung von «FENSTER ZUM SONNTAG» und Radio Life Channel. Das Fernsehen war für uns Neuland. Und beim Radio hatten wir damals einen fixen Fensterplatz auf Radio Eviva. Am Tag, nachdem klar war, dass es damit zu Ende ging, kam ich mit der Idee, wir könnten eine Unterschriftensammlung für ein konzessioniertes, christliches Radio lancieren. Dass dies möglich wurde, macht mich heute noch stolz. Innert kürzester Zeit hatten wir die nötigen Unterschriften zusammen, und so nahm alles seinen Lauf. Ganz ehrlich, ich glaubte nicht an den Erfolg. Aber mein Ärger war gross genug, und die damaligen Verantwortlichen unterstützten die Idee. Das war ein grossartiges Erlebnis. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als wir gemeinsam die Unterschriften in Bern übergaben. Ein wirklich toller Tag!

 

Herausforderung Fundraising: Wie bist du als Fundraiserin mit dem Druck umgegangen, dass ERF Medien ihre Arbeiten nur tun können, wenn sie von vielen Menschen durch kleine und grosse Spenden unterstützt werden?

Mir hat dabei sehr geholfen, dass ich die Spender und ERF Medien immer als Partner gesehen habe. Dies wurde mir dann speziell bewusst, wenn ich Spender persönlich kennengelernt habe: sei es auf Reisen von ERF Medien oder wenn diese Personen uns in Pfäffikon ZH besucht haben. Dabei entstanden über die Jahre auch grossartige persönliche Beziehungen. Ich lernte auch viel von unseren Spendenden. Die Gespräche brachten mich auf Ideen und zeigten mir, wo ich etwas verbessern konnte. Wichtig war mir immer, den Menschen hinter der Spende zu sehen. Und manchmal stellte ich mir all diese Menschen vor und war unglaublich dankbar: Für das Vertrauen und für das Mitdenken, das ich über all die Jahre erlebte. Ich bin zwar froh, dass ich diese Verantwortung abgeben kann. Die Menschen aber werde ich vermissen.

 

Dir waren für die «DNA von ERF Medien» immer die guten Nachrichten wichtig und dass sich Christen mehr für als gegen Themen engagieren – weshalb?

Da werde ich immer ganz leidenschaftlich – das wäre mal ein Thema für das Life Channel Magazin! Leider profilieren sich viele Christen mit Aktionen, die gegen etwas sind. Wir sind gegen Abtreibung, gegen Homosexuelle, gegen Frauen, die predigen, gegen Flüchtlinge. Die Liste ist schier unendlich. Damit gewinnen wir keine Menschen für Jesus, für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben. Wir sollten vielmehr betonen, wofür Jesus alles war. Ich weiss, jetzt denken einige «aber Sünde muss man Sünde nennen». Aber ist Liebe nicht stärker als alles? Gottes Liebe? Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir viel mehr über Gottes Liebe reden sollten. Vielleicht müssten wir unseren Fokus mehr auf die Bergpredigt als auf die christlichen Sündenkataloge setzen.

 

Hast du ein konkretes Beispiel dazu?

Im Sommer gab es in Deutschland den Evangelischen Kirchentag. Beim Abschlussgottesdienst legte die Pastorin Sandra Bils eine hervorragende Predigt auf den heiligen Rasen des Dortmunder Fussballstadions. Eine vielbeachtete Predigt, die bei Kirchendistanzierten sehr gut ankam. Bils sprach unter anderem auch über die soziale Verantwortung. Der ganze Gottesdienst wurde in den säkularen Medien als wegweisend bezeichnet. Die Dortmunder Bevölkerung war begeistert über das Verhalten dieser über 120 000 Menschen. Eine durchaus positive Bilanz.

Und was taten einige Christen? Sie wetterten über die Predigt. Bils hätte das Ende der Demokratie gepredigt. Man müsste sich nur ein wenig mit der Person Sandra Bils‘ beschäftigen, um zu erkennen, dass diese Behauptung ein völliger Blödsinn sei. Und was passierte dann? Viele Christen, welche die Predigt weder gesehen noch gehört hatten, bliesen in dasselbe Horn. Ja, Bils sagte: «Man lässt Menschen nicht ertrinken. Punkt.» Wenn ein solcher Satz schon das Ende der Demokratie ist, ist diese aus anderen Gründen in Gefahr. Natürlich kann einer eine solche Feststellung für sich machen. Erschreckend ist aber, dass ganz viele sich diesem Schreiber anschlossen, ohne die ganze Predigt zu kennen. Oder noch besser: den ganzen Gottesdienst. Dieses «Wir gegen alle» bringt nichts, ist aber einfach. Die Masse – auch unter Christen – läuft gerne starken Wortführern hinterher.

 

Kann man das ändern?

Unbedingt. Manchmal frage ich mich, was passieren würde, wenn alle Christen sich verpflichten würden, ein Jahr lang nur konstruktiv Stellung zu aktuellen Ereignissen zu nehmen. Und entsprechend zu handeln und realistische Lösungen zu suchen. Wir sollten unseren Horizont und unser Handeln dringend erweitern. Wie viele Christen, die sich über moralische Entgleisungen entrüsten, kaufen jährlich unzählige Kleider und unnötige Luxusartikel, produziert in Drittweltländern, von Kindern und Frauen irgendwo zwischen Leben und Sterben? Weshalb engagieren wir uns da nicht? Oder das Flüchtlingsthema – viele Christen haben da ja eine sehr negative Meinung dazu. Deshalb freue ich mich riesig über Kirchen und Gemeinden, die da aktiv etwas dagegensetzen. Wie zum Beispiel die Kirche im Prisma in Rapperswil SG. Wir haben dazu einen Bericht in der November-«antenne» 2017 gebracht. Vorbildlich. Diese Kirche zeigt, wie man das macht. Wie heisst es so schön: «Machen ist wie Wollen, nur viel krasser.» Wenn wir mehr positive Akzente setzen, beginnen die Menschen auch über unsere Motivation nachzudenken. Dann sind wir wieder ganz nah bei der Bergpredigt.

 

Welchen Tipp gibst du deinem Nachfolger in der Marketing-Leitung?

Mein Nachfolger, Mathias Fontana, braucht von mir keine Tipps. Er wird diesem Bereich von ERF Medien neue Impulse geben – und das ist gut so. Ich freue mich auf seine neuen Ideen und bin überzeugt, dass er mit viel Umsicht in diese neue Herausforderung startet.

 

Was hast du vor nach der Pensionierung – und wird man weiter von dir hören, bei ERF Medien und ausserhalb?

Ich freue mich, dass ich noch weitere zwei Jahre die Reisen von ERF Medien verantworte. Und als freie Mitarbeiterin im journalistischen Bereich werde ich die eine oder andere Aufgabe im Hintergrund noch leisten. Zudem habe ich eine kleine Beratungsfirma für Coaching, Kommunikationsund Konflikttraining: www.talkmotion.ch. Seminare sind meine grosse Leidenschaft, und ich möchte diesen Bereich wieder mehr ausbauen. In den letzten Jahren war ich vor lauter Arbeit in diesem Bereich nicht mehr so aktiv. Darauf freue ich mich sehr, denn ich liebe es, Menschen zu fördern. Und mein Nachbar hat mich schon fest eingeplant, um Velotouren zu leiten. Ich bleibe aktiv. Zudem geistern seit längerem zwei Buchideen durch meinen Kopf.

 

Dein Wunsch für die Zukunft von ERF Medien Schweiz?

Ich sah kürzlich in Schweden ein Plakat. Das hat mich im Vorbeifahren so richtig angesprochen. Und das passt sehr gut zu ERF Medien Schweiz: «The future is under construction.» ERF Medien bleiben in Bewegung. Unter Gottes guter Führung und mit motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die beseelt sind von unserem Auftrag: positiv über Gottes grosse Liebe für alle Menschen zu reden – auf allen Kanälen – mit viel Leidenschaft.

 

Verena, ich danke dir für dieses Gespräch. Und ich danke dir im Namen der Leitung und der Mitarbeitenden von ERF Medien Schweiz ganz herzlich für dein geniales Engagement für mehr gute Nachrichten in den Medien! Während 29 Jahren hast du als Journalistin, TVModeratorin, Marketing-Chefin und stellvertretende Geschäftsführerin mit Herzblut für die Vision von ERF Medien gelebt, dass Menschen den Glauben entdecken und Impulse für ihre Lebensgestaltung erhalten können. Wir werden dich vermissen –, aber wir freuen uns sehr, dass du dich weiterhin als freie Mitarbeiterin für ERF Reisen engagierst und so viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dir in vielerlei Hinsicht neue Horizonte entdecken werden.

 

 

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