Es gibt kleine Dinge, aber auch grössere Angelegenheiten, wo uns jemand verletzt hat. Vergebung geschieht aso gut wie jeden Tag. «Es passieren Dinge zwischen Menschen, die für den einen oder für beide Anteile sehr unangenehm sind. Das gehört zum Alltag, zum täglichen Leben», sagt die psychologische Beraterin Rahel Kellenberger. Vergebung brauchen wir also fast täglich.
Es gibt zwar die Redewendung «Vergeben und vergessen». Vergeben heisst aber nicht, dass wir automatisch vergessen. «Das Erlebnis, das wir miteinander hatten, gehört zu meinem lebensgeschichtlichen Hintergrund. Ich kann mich daran erinnern. Aber durch die Vergebung ist es nicht mehr bitter. Ich kann jemanden aus der Schuld entlassen.»
Wir entlassen also unser Gegenüber aus der Schuld und uns selbst aus den negativen Gefühlen. Und wie steht es mit dem Verhältnis zwischen Vergebung und Versöhnung?
«Ganz oft sind ja zwei Seiten beteiligt und zwei Seiten haben ihre Anteile. Wenn beide das erkennen und sagen, dass sie nicht gut miteinander umgegangen sind, dann vergeben sie sich und versöhnen sie sich», erklärt Kellenberger.
Vergeben bedeutet, dass wir ein Erlebnis loslassen. Sie ist also einseitig und entsprechend geschieht nicht automatisch Versöhnung. Allerdings sind wir dann frei. Darum ist Vergebung so wichtig.
«Wenn wir nicht vergeben, behalten wir die Verletzung in uns. Wir lassen nicht los. Es ist wie ein Gift, das wir dem anderen zum Trinken geben wollen. Aber wir trinken es selber. Wenn wir vergeben, dann lassen wir darum los, damit wir frei sind.» Vergebung bedeutet allerdings nicht, dass wir das Verhalten des anderen gutheissen. Wir vergeben dem anderen trotz seines Verhaltens.