Schon als junges Mädchen zieht es Evelyne Binsack hinaus in die Natur, Richtung Abenteuer und hin zu extremen Erlebnissen. Bei Wanderungen mit der Familie schert sie aus, verlässt den normalen Pfad und kraxelt ihren eigenen Weg zum Ziel. Jahre später folgen die grossen Reiseziele: Eiger-Nordwand, Mount Everest, Nord- und Südpol. Heute fühlt sich Evelyne Binsack auch abseits der grossen Abenteuer daheim. Ihr Rucksack ist randvoll mit Erlebnissen von nah und fern.
Um Evelyne Binsack herum ist alles weiss. Der Wind pfeift ihr um die Ohren, der Schneesturm bläst von allen Seiten. Sie kämpft sich durch die Schneewüste in der Antarktis, vorwärts Richtung Südpol, Schritt für Schritt. Evelyne zieht einen 100 Kilogramm schweren Schlitten hinter sich her, der gefüllt ist mit einem Zelt, Essen und zusätzlichem, überlebenswichtigem Material. Zu jedem Schritt betet Evelyne ein Wort aus einem bekannten Gebet: «Atme in mir, Heiliger Geist, dass ich Heiliges denke …» Schritt für Schritt, Wort für Wort, kommt Evelyne ihrem grossen Expeditionsziel näher. «Ich wiederholte die Sätze so lange, bis ich daran glaubte: «Alles wird gut», sagt sie. Nach 484 Tagen, 25 000 Kilometern und 16 bereisten Ländern erreicht sie den südlichsten Punkt der Erde. Gestartet ist sie daheim in der Schweiz. Mit eigener Muskelkraft, dem Fahrrad, zu Fuss, auf Skiern und mit Schlitten hat sie 2007 den Südpol erreicht und damit die «Expedition Antarctica» abgeschlossen.
Die Reisen
Es ist eines von drei grossen Abenteuern, die Evelyne Binsack bekannt machten. Sie sorgte schon 2001 für Schlagzeilen. Damals war sie die erste Schweizerin auf dem höchsten Gipfel der Welt, dem Mount Everest. Und 2017 führte sie eine über 105 Tage andauernde Reise zum Nordpol. «Seit ich den Gipfel des Mount Everest bestiegen und den südlichsten Punkt der Erde erreicht hatte, träumte ich davon, auch den dritten Pol, den Nordpol, zu begehen», so Evelyne. Sie konnte zwar an ihren Zielorten die «Siegerfaust » in die Höhe strecken, musste dafür aber auch viele Entbehrungen hinnehmen.
Scheitern, Abstürze und Grenzerfahrungen
Bei den teils waghalsigen Bergtouren stürzten schon mehrere ihrer Freunde in den Tod. Einige ihrer Projekte, wie etwa die zweite Besteigung des höchsten Berges im Himalaya, musste sie abbrechen. Und Evelyne Binsack selbst überlebte Schneeund Eislawinen sowie andere Beinahe- Abstürze.
Von extrem zu «normal»
Heute sagt Evelyne Binsack: «Mein Feuer für die Achttausender ist erloschen.» Ihre Expeditionen werden «normaler». Sie führt als Bergführerin Gäste durch die Schweizer Alpen und bildet sich im Coaching-Bereich aus. Sie will Gewaltopfern, traumatisierten Menschen und Teams weiterhelfen. «Was ich in meinem Leben gelernt und erfahren habe, möchte ich anderen Menschen weitergeben. »