Von Chantal Bigler
«Ich denke gar nicht so viel daran, dass ich blind bin», sagt die 28-jährige Bernarda Brunovic. «Die Sehenden leben so, die Blinden so.» Obschon die junge Christin seit ihrer Geburt nur Licht und Schatten sieht, geht sie mit viel Weitsicht durchs Leben – die Singer-Songwriterin schaffte es mit ihrer Stimme vor drei Jahren an der Castingshow «The Voice of Germany» von den Blind Auditions bis ins Halbfinale.
Bernarda ist jung, talentiert und vertraut Gott blind. Die Schweizerin mit kroatischen Wurzeln erlebt auf ihrem Lebensweg viele Höhen und Tiefen. Ihre Eltern müssen bei ihrer Geburt über Leben und Tod entscheiden, in der Schule wird Bernarda gemobbt und kommt dem Tod nahe. Wo Schatten ist, da ist auch Licht: Bernarda gelangt näher zu Gott und erlebt beruflichen Erfolg in der Musik: Sie berührt 2018 bei «The Voice of Germany» mit ihrer kraftvollen Stimme Herzen. Bernarda komponiert heute selbst Songs, unter anderem für den Euro Song Contest 2020 in Malta oder sie steht eigenständig auf europäischen Bühnen.
«Ich fing an, mich zu akzeptieren»
Die Eltern hatten bei Bernardas Geburt Angst, dass sie – ebenso wie ihre Schwester – eine Krankheit haben würde. Durch die Vorgeschichte haben kroatische Ärzte deshalb zur Abtreibung geraten. Doch die Brunovics wollen ihre Tochter zur Welt bringen – blind, aber ansonsten kerngesund. Schon als Säugling muss Bernarda mehrmals operiert werden: Bis zu ihrem 15. Lebensjahr hat die heutige Singer-Songwriterin 33 Operationen hinter sich – alles in der Hoffnung, dass sie irgendwann ihre Sehkraft zurückbekommt. Nach einem Eingriff, bei dem ihr linkes Auge komplett abstirbt, fasste die damalige Teenagerin einen Entscheid für sich: «Ab diesem Moment habe ich angefangen, meine Blindheit zu akzeptieren», sagt sie.
In der Schule gemobbt
Während Bernardas Schulzeit versuchte Bernarda immer wieder sich mit ihren beiden Hobbys, der Musik und dem Sport abzulenken, damit die Leute nicht denken würden, sie sei irgendwie anders. Bernarda war sechs Jahre in der Primarschule für Sehbehinderte und entschied sich, danach nicht ins Blindeninternat zu gehen. «Ich wollte nicht in der Blindenwelt leben», erzählt sie, und so wiederholte sie das 6. Primarschuljahr in einer normalen Klasse und erfuhr während dieser Zeit Mobbing: «Es war ein schwieriges Jahr», erinnert sie sich. Nach bestandener Gymnasium- Prüfung, folgte die Matura und danach ein Zwischenjahr, um sich auf ihr Theologiestudium vorbereiten zu können – das war schon immer ihr Kindheitstraum.
«Mit Gott an meiner Seite»
Bernarda erlebte in ihrem Glaubensleben Höhen und Tiefen und spricht von einem langen Findungs-Prozess – doch Gott habe sie auf ihrem Weg nie allein gelassen. «Es gab Momente in meinem Leben, an denen ich aufgeben wollte», erzählt Bernarda und fährt fort: «Ich wollte nicht mehr leben und aus dem obersten Stock des Schulhauses runterspringen.» Doch irgendetwas hielt sie zurück – «die Gnade von Gott», ist sie überzeugt. Wie das Glaubensleben von Bernarda heute aussieht – dazu mehr im FENSTER ZUM SONNTAG-Talk.