Das Leben von Ansgar Gmür gleicht einer Tellerwäscher-Karriere: Vom Bergbauernsohn arbeitet er sich hoch zum Direktor des Hauseigentümerverbandes. Kurz vor der Pension entscheidet er sich nun, eine neue Richtung einzuschlagen, und drückt nochmals die Schulbank: Diesen Herbst beginnt er das Vollzeit-Theologiestudium.
«Es muss immer etwas gehen, ansonsten laufe ich davon», sagt Ansgar Gmür. Seit 18 Jahren ist er HEV-Direktor, nun wird er pensioniert. Dabei könnte er sich zur Ruhe setzen und den Herbst seines Lebens geniessen. Aber nicht Ansgar Gmür. Stattdessen beginnt er diesen Herbst ein Vollzeitstudium in Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich. Sein Ziel dabei ist es, «dicke Fische» an Land zu ziehen und Missstände anzuprangern.
Tellerwäscher-Karriere
Aufgewachsen in sehr ärmlichen Verhältnissen – «als Kind hatte ich weder Bad noch Dusche» – entwickelt Ansgar Gmür als jüngstes von sieben Geschwistern einen enormen Überlebenswillen und Erfolgshunger. Von grossen Zielen wie Macht war jedoch nie die Rede. Seine Mutter stirbt während seiner Kindheit, von seinem Vater wird er streng erzogen. Trotz einem grossen Respekt hat er ein unerschütterliches Urvertrauen seinem Vater gegenüber. Er riet uns:« Wenn ihr Kinder eine Chance haben möchtet, dann müsst ihr den Bergbauernhof verlassen», sagt Ansgar Gmür. Nach abgeschlossener Lehre als Chemielaborant holt er die Matura nach und beginnt mit 25 Jahren ein Studium an der Uni Zürich. Währenddessen zeigt sich der Stratege und erfolgreiche Geschäftsmann in ihm: Da sein Vater ihn finanziell nicht unterstützen kann, muss sich Ansgar Gmür sein Studium selbst finanzieren: «Ich bin ein Moneymaker, Geld machen liegt mir im Blut.» So arbeitet er im Nebenjob als Taxichauffeur, Nachtportier, Kassierer, Lehrer und Ausbildner.
Auch nach dem Studium arbeitet er sich durch verschiedene Bereiche der Arbeitswelt. Stationen sind unter anderem Berufschullehrer, Sekretär des Schweizerischen Gewerbeverbandes und Arbeitsrichter am Bezirksgericht Zürich. Bis er im Jahr 2000 Direktor des Hauseigentümerverbandes (kurz HEV) wird und diesen zu einer der erfolgreichsten Organisationen der Schweiz macht.
Die grossen Fische
Vor fünf Jahren träumte er vom Fischen und wie er den Auftrag bekommt, «dicke Fische» für Gott an Land zu ziehen. In den 18 Jahren als HEV-Direktor kam Ansgar Gmür mit vielen grossen Persönlichkeiten in Kontakt. Dabei wurde ihm bewusst: «Irdische Macht ist sehr beschränkt, mächtig ist nur Gott.» Seine Pensionierung ist noch nicht die Endstation, bald lobbyiert er für Gott. Das geht über sein Theologiestudium an der Uni Zürich hinaus. Obwohl Ansgar Gmür wegen des Alters kein Pfarramt übernehmen kann, wird er sich für Gottes Reich einsetzen. Mit einem grossen Wunsch: «Am liebsten würde ich einmal vor Unternehmern predigen.»