Von Matthias Hauser
Bobby Weggenmann will Kinder fürs Lernen begeistern. Mit Lernmethoden, die auf die Stärken ihrer Persönlichkeit zugeschnitten sind. Er selbst hasste es zu lernen und sorgte später als Kriminalpolizist für Furore. Heute baut er als Institutionsleiter an seiner Traumschule.
Der junge Bobby steckt seinen Kopf nur sehr ungern in Schulbücher und kann sein Potenzial nie ganz ausschöpfen. Trotzdem wird er Personenfahnder bei der Kripo Zürich. Und zwar einer der härteren Sorte. Er entwaffnet Amokschützen und fasst Mörder. Ohne Rücksicht auf Verluste. Um Verbrecher der gerechten Strafe zuzuführen, lässt er sich auch schon mal auf eine wilde Verfolgungsjagd ein. Er ist ein Gesetzeshüter, der es mit dem Gesetz selbst nicht immer genau nimmt. Zehn Jahre lang. Dann ist genug.
Sinnsuche
Er will nicht nur das Schlechte im Menschen sehen und hängt seine Polizeiuniform an den Nagel. Als sein Vater stirbt, quält ihn die Sinnfrage: «Was ist der Sinn des Todes?» Die Antwort sucht er in der Rockerszene, aber auch im Buddhismus oder bei Seelenwanderungen. Bis sich Weggenmann dann – in voller Rocker-Montur – auf einen christlichen Gottesdienst einlässt. «Als der Pastor völlig überraschend über den Sinn des Sterbens sprach, war es um mich geschehen.» Weggenmann wendet sich Gott zu und absolviert gar ein Theologiestudium. Er wird Religionslehrer, später Schulleiter. Vier Jahre coacht er im eigenen Lernförderzentrum in Kreuzlingen (TG).
Neigungen beim Lernen nutzen
Sein Ansatz: «Das Kind so sehen, wie Gott es sieht. Positiv und ganzheitlich.» Manchmal sagen Kinder, dass sie gar nichts Spezielles können. Jungs drucksen oft herum, bis sie sagen, dass sie viele Videospiele spielen. Er sagt dann: «Super! Da lernst du strategisches Denken und bist ständig dran, dich zu verbessern. Lass uns sehen, wie man das positiv nutzen kann.» Bei anderen stellt sich heraus, dass sie viel mit «Freunden abhängen». Was sie selbst als kein richtiges Hobby bezeichnen, ist laut Weggenmann eine wichtige Lebensschule. «Sie lernen, sich um andere zu kümmern.» Diesen Kindern helfe es, zu zweit oder in einer Gruppe zu lernen. Wieder andere könnten sich Dinge viel besser merken, wenn sie etwas in die Hand nehmen und anfassen würden. Wohingegen anderen Kreativität beim Lernen helfe. Zeichnungen und ein buntes Mindmap zum Beispiel.
Schule soll Schule machen
Ihren Neigungen und Begabungen entsprechend lernen können, sollen die Schülerinnen und Schüler in einer Sonderschule im Kanton St. Gallen, wo Weggenmann seit einem Jahr Institutionsleiter ist. «In den meisten Schulhäusern wird zu sehr darauf fokussiert, was ein Kind nicht kann. Ich habe hier freie Hand, meine Vision einer stärkeorientierten Schule umzusetzen. Mit Projektunterricht, Lernstilausrichtung und kreativen Raumkonzepten.» Was ein Kind kann, will er in Lernberichten ausweisen. So würden Lehrbetriebe konkreter als in einem Noten- Zeugnis sehen, welche Kompetenzen Schulkinder haben. Weggenmann hofft, dass sich seine Ideen in der Praxis bewähren und schweizweit Schule machen.