Von Christine Kalt
«Ich denke, also bin ich» – eine Haltung, die vielen von uns schon von klein auf mitgegeben wurde, welche aber Auswirkungen auf unser Leben hat. Denn oftmals führt dieser Glaubenssatz dazu, dass man die Signale, die der eigene Körper sendet, ignoriert. Emotionen, die nicht gefühlt werden, brodeln in unserem Körper und wollen raus, was sich dann oftmals in Form von körperlichen Schmerzen bemerkbar macht. Doch wie finden wir heraus, was uns tief in unserem Inneren beschäftigt und wie lösen wir es wieder? In solchen Situationen ist Faustina Kromah als Bewegungstherapeutin zur Stelle. Sie selbst hat in ihrem Leben eindrücklich erfahren, wie viel Einfluss Bewegung auf das Lösen von gut verstauten Emotionen und Erlebnissen hat.
Faustina wächst in Ghana auf und erlebt eine schwierige Kindheit, die geprägt ist von Gewalt, sexuellem Missbrauch und wenig emotionaler Fürsorge. Diese Ereignisse führen dazu, dass sich Faustina mit neun Jahren völlig in sich selbst und ihren Körper zurückzieht. «Ich hätte mich zu Tode weinen können, aber das nützte nichts. Deshalb entschied ich: Ich werde nie mehr weinen!» Und genau das tat sie auch – sie stellte ihre Emotionen und Gefühle komplett ab. Durch ihren kompletten Rückzug fällt auch ihre Leistung in der Schule immer mehr ab, obwohl sie vorher eine starke Schülerin war. Ihr Umfeld lässt sie in dieser Situationallein. Doch trotz dieser Umstände wusste Faustina immer: «Gott ist bei mir und hält mich!» Diese Zuversicht trägt sie seit ihrer Kindheit in sich und gibt ihr Kraft. Mitz wölf Jahren dann eine Wendung – ihr Vater kommt nach Ghana und holt Faustina in die Schweiz.
Als die Tränen wieder flossen
Ihr Vater war vor ihrer Geburt in die Schweiz ausgewandert und Faustina hatte immer die Hoffnung, dass er eines Tages kommen und sie zu sich holen würde – nun war diese Hoffnung in Erfüllung gegangen. Nach Jahren der inneren Turbulenzen kann Faustina in der Schweiz endlich wieder durchatmen. Das Erlebte legt sie für eine lange Zeit zur Seite, bis sie dann mit Anfang 20 an einem Lobpreisabend ein befreiendes Erlebnis hat, bei dem all ihre Emotionen und Erlebnisse wieder hervorbrechen. Die riesige Menge an neu gefundenen Emotionen und Gefühle überwältigen Faustina und sie fängt an, in ihrem Wohnzimmer zu tanzen und so Stück für Stück zu verarbeiten, was sie so lange in sich getragen hatte. All das, was sie nicht in Worte fassen kann, kann sie so rauslassen. Es ist der Beginn eines langen Heilungsprozesses, der sie dazu inspiriert, Bewegungstherapeutin zu werden und auch anderen Menschen die Chance zu geben, durch Bewegung innere Freiheit zu erlangen und all das auszudrücken, was der Körper einem schon lange sagen möchte.