Immer wieder habe ich das Vorrecht, zweifelnde Menschen mit Gott vertraut zu machen. Dass dies gelingt, hat einen guten Grund. Gott macht sich auf, um Zweiflern entgegen zu kommen. Ich bin überzeugt, er sehnt sich danach, dass sich immer mehr Zweifler ihm anvertrauen.
Dabei kommt mir immer wieder die Begebenheit in den Sinn, die im Gleichnis vom verlorenen Sohn in Lukas 15 beschrieben ist. Dieser Sohn hat alles verloren. Er bekommt nicht einmal mehr Schweinefutter zu essen. Da werden die Zweifel an seinem eingeschlagenen Weg so stark, dass er es wagt, wieder zu seinem Vater zurückzugehen. Der Vater hält schon lange Ausschau nach seinem Sohn und sieht ihn schon von Weitem kommen. Mit offenen Armen empfängt er ihn. Ein wunderbares Bild für Gott, der nach Zweiflern Ausschau hält. Verschiedene bekannte Künstler haben dazu faszinierende Bilder gemalt.
Wer sich mit Gott beschäftigt, wird den Eindruck nicht los, dass dieser ein starkes Interesse an Zweiflern hat. Werfen wir einen weiteren Blick ins Neue Testament, sehen wir bei Gottes Sohn, Jesus Christus, wie er nach Zweiflern Ausschau hält. Thomas, ein enger Freund von Jesus, gilt weltweit als einer der bekanntesten Zweifler. Wer meint, Jesus würde Thomas wegen seiner Zweifel verachten, täuscht sich. Das Gegenteil ist der Fall: Der Zweifler Thomas ist, soviel man aus der Überlieferung entnehmen kann, der einzige, der das Vorrecht hat, den auferstandenen Jesus zu berühren. Der Zweifler wird privilegiert!
Es fällt auf, dass Jesus viel und gern mit Zweiflern zusammen ist. Deshalb liebe ich es, mit Zweiflern Jesus zu erleben. Und ich darf immer wieder erfahren: Gerade hier zeigt sich Gott mit offenen Armen. Als ich kürzlich einen jungen Zweifler mit Jesus vertraut machen durfte, meinte er: «Jetzt beginne ich ein Leben ausserhalb meiner bisherigen Normen.» Die Zweifel prägten seit Jahren seine engen Vorstellungen. Jetzt pflegt er eine Beziehung mit Jesus – und fühlt sich mit einem viel weiteren Herzen und profunderem Denken völlig frei.
Nein, Jesus stösst Zweifler nicht ab. Sie bleiben bei ihm bis zum Schluss. Wie heisst es am Ende des Matthäus-Evangeliums (28,17)? «Einige zweifelten!» Darauf sagt Jesus: «Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.» Genial: Kein Tadel. Keine Angst-Macherei. Vielmehr stellt Jesus klar, dass gerade ihnen, den Zweiflern, Gottes Macht gilt. Wer es wagt, falsche Hemmungen abzulegen und zu seinen Zweifeln zu stehen, kann sich mit gutem Grund von Gottes Wirken überraschen lassen. Der lebendige Gott hält Ausschau nach dir.
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Zur Person: Fredy Staub
Freischaffender Theologe, in der ganzen Deutschschweiz unterwegs mit Events in Kirchen, Aulas, Mehrzwecksälen, Open Airs und säkularen Veranstaltern wie Banken, Grossverteilern und Industriebetrieben.
Serie «Gott ist ...»
Wie oder wer ist Gott eigentlich? Diese Frage beschäftigt die Menschen schon lange. In der Bibel werden unterschiedliche Bilder gebraucht, um Gott zu beschreiben. In einer zwölfteiligen Serie teilen Theologinnen und Theologen aus unterschiedlichen Denominationen ihre Vorstellungen, wie Gott ist.