Doris Bürki erlebt, dass leidende Menschen häufig keine Hilfe in Anspruch nehmen. Um nicht zu tief in eine Krise zu geraten, gibt es heute viele präventive Massnahmen. Doch man wartet lieber, bis man endgültig nicht mehr kann. Obwohl sie Gott an ihrer Seite hatte, kämpfte auch Doris. Sie sagt: «Der Glaube war eine gewisse Stütze in meinem Leben und schützte mich vor dem letzten Schritt.»
Doris wünscht sich den Tod. Der letzte Schritt: sich selbst das Leben nehmen. Doch soweit kommt es nicht. Wegen akuter Suizidgefahr liefert man sie mit 12 Jahren präventiv für sechs Wochen ins Spital ein.
Abgrund
In ihrer Kindheit fühlt sich Doris einsam, ungeliebt und unverstanden. Dreizehnjährig, gerät sie in eine Depression und bricht immer wieder zusammen. Für ihre guten schulischen Leistungen erntet sie bei ihren Klassenkameraden Eifersucht. Sie isoliert sich zunehmend selbst. Innerer Schmerz breitet sich aus, ihr Leben fühlt sich an wie hinter Glas. «Diese inneren Spannungen hielt ich nicht aus, ich musste diese irgendwie lösen», sagt Doris. So flüchtet sie in eine Magersucht und zeitweilig sogar in eine Ess- und Brechsucht. Ein Sterben auf Zeit.
Wiederherstellung
Mit 17 Jahren nimmt sie an einem Gottesdienst in einer therapeutischen Einrichtung teil und realisiert, dass sie Hilfe benötigt. Sie ruft einen Psychologen an und fleht verzweifelt: «Ich habe ein echtes Problem!» Es folgt eine Therapie, in der sie ihr bisheriges Leben aufarbeiten kann. Doris erlebt, dass Wunden heilen und ihr Glaube wächst. «Vergebung und Aufgeben meiner Rebellion gegen das Leben wurden mir sehr wichtig und waren ein Schlüssel zur Heilung», sagt sie.
Nach zwei Jahren Unterbruch schliesst sie ihre gymnasiale Ausbildung ab. Später heiratet Doris und gründet eine Familie. «Ich hatte sehr schlechte Voraussetzungen, aber Jesus hat etwas Kostbares daraus gemacht», freut sich Doris. Sie und ihr Mann werden mit sieben Kindern beschenkt, wovon eines bei der Geburt stirbt. «Wir glauben, dass unser Mädchen jetzt im Himmel lebt», sagt sie.
Seelsorge
Heute ist Doris Präsidentin der BTS, Biblisch- Therapeutische Seelsorge Schweiz, und arbeitet in diversen Projekten im Bereich der Beratung. Ihre heutige Lebensfreude und Zuversicht will sie teilen und hilft Menschen weiter, die an ihre Grenzen stossen. Ihr liegt es am Herzen, dass man Menschen eine Möglichkeit bietet, Hilfe zu bekommen. Und dass sie sich getrauen, über ihre Probleme zu reden. «Es ist enorm wichtig, Hilfe niederschwellig anzubieten», sagt Doris. Seelsorge soll einfach zugänglich sein, per Telefon, E-Mail oder in einem Chat. Sie wünscht sich auch, dass vor allem Pastoren sich bewusst sind, wie wichtig vielfältige Seelsorgeangebote sind. Und dass sie diese Art von Beratung in ihre Gemeinde integrieren. Menschen sollen Mut bekommen, über ihre Probleme zu reden, bevor es zu spät ist.