Entscheidungen sind mein persönlicher Endgegner. Die kleinen, vermeintlich unwichtigen Entscheidungen des Alltags überfordern mich sehr oft. Es sind genau jene Entscheidungen, die in der Regel sprichwörtlich «aus dem Bauch heraus» getroffen werden. Möchte ich am Wochenende eine Aktivität planen, weil ich Lust auf Anregung, Ablenkung und Action habe? Oder brauche ich Ruhe und Erholung? Stehe ich vor solchen Fragen, versuche ich intensiv, auf meinen Bauch zu hören. Leider scheint er sich genau dann nicht bemüssigt zu fühlen, mir seine Gefühle mitzuteilen.
Es beeindruckt mich immer sehr, wenn meine Mitmenschen, ohne mit der Wimper zu zucken, äussern können, was sie wollen oder brauchen. Diesen direkten Draht zu meinem Bauch hätte ich auch gerne! Das Einzige, was in solchen Fällen bei mir funktioniert, ist folgender Trick: Ich lasse eine aussenstehende Person die Entscheidung für mich treffen. Wenn ich enttäuscht bin, dass nicht die andere Option gewählt wurde, dann habe ich mein Bauchgefühl gefunden – und falls ich problemlos mit der gefällten Entscheidung mitgehen kann, ist der Fall ebenfalls klar.
Falls nun der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich ganz grundsätzlich ein sehr unaufdringliches Bauchgefühl habe: Dem ist nicht so. Mein Bauch ist durchaus in der Lage, sich laut und deutlich zu melden. Mit Vorliebe dann, wenn ich nach gründlicher, rationaler Abwägung eine wichtige Entscheidung getroffen habe. Im Optimalfall fühlt sich eine solche Entscheidung dann auch stimmig an. Aber oft beginnt mein Bauch sich genau dann lautstark zu wehren.
Wo ich mir bei den kleinen Alltagsentscheidungen ein klareres Bauchgefühl wünschen würde, bin ich bei grossen Entscheidungen oft genervt vom lauten Geschrei meines Bauchs. Denn gerade bei grossen, wichtigen Entscheidungen ist das Bauchgefühl ja längst nicht immer ein zuverlässiger Ratgeber. Irgendwo begegnete mir mal folgendes Zitat des US-Psychiaters Eric Berne: «Intuition ist Wissen, das auf Erfahrung beruht.» Wenn mein Bauchgefühl mich zur Vorsicht mahnt, könnte es sich durchaus auf Erfahrungen stützen, die im aktuellen Fall nichts zur Sache tun.
Wenn mein Bauchgefühl dem Resultat einer rationalen Abwägung widerspricht, stehe ich also vor der nächsten Schwierigkeit: Woher soll ich wissen, ob ich nun auf mein Bauchgefühl hören kann und soll, oder ob es mich fehlleitet? Ich kann mein Bauchgefühl zu meinem Bauchgefühl befragen …
Mein Verhältnis zu meinem Bauchgefühl bleibt also gespalten. Ich habe mich davon schon sehr gut beraten gefühlt, mich aber auch schon fehlleiten lassen. Wenn ich grosse Entscheidungen treffe, bitte ich gerne Gott um Unterstützung. Ich bitte ihn, dass ich mir die richtigen Überlegungen mache. Und auch darum, dass er mein Bauchgefühl in die richtigen Bahnen lenkt.
Entscheide ich dadurch immer richtig? Definitiv nicht. Aber es beruhigt mich sehr zu wissen, dass Gott mich auch begleitet, wenn ich die Suppe auslöffle, die ich mir durch Fehlentscheidungen eingebrockt habe. Diese Gewissheit gibt mir den Mut, Entscheidungen selbst dann zu fällen, wenn Kopf und Bauch sich nicht einig sind.