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(c) Vladislav Babienko/Unsplash

Mit Bauch, Herz und Kopf entscheiden

Wie uns Intuition, Gefühle und Verstand bei Entscheidungen helfen.
Publiziert: 17.01.2022 19.01.2022

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Mitarbeit: Ruedi Josuran und Mathias Fontana

Markus Züger ist Trainer, Coach und selbstständiger Unternehmensberater. Er begleitet Menschen im Bereich Führung, proaktiver Lebensgestaltung und herausfordernder Berufssituationen. Dabei ist er persönlich und in der Arbeit mit seinen Kunden immer wieder mit dem Thema «Entscheidungen» konfrontiert. Im Interview gibt er Einblick in einige Grundsätze, die ihm beim Entscheiden wichtig sind.

Welcher Entscheidungstyp sind sie persönlich? Ist Entscheiden für Sie leicht, oder schieben Sie Entscheidungen lieber auf?

Nein, ich entscheide sehr gerne. Entscheidungen zu fällen empfinde ich als etwas Grossartiges. Von meinem Typ her entscheide ich eher schnell und aus dem Bauch heraus. Daher versuche ich immer, mir genügend Zeit zu nehmen, so dass ich auch Herz und Kopf in diesen Prozess gut integrieren kann.

Viele Menschen tun sich schwer mit Entscheidungen, schieben diese lieber vor sich her. Woher kommt das?

Aus meiner Sicht sind es verschiedene Aspekte, die dazu führen. Einerseits sicher unsere Prägung: Wenn ich in meiner Ursprungsfamilie schon gelernt habe zu entscheiden, wird mir das später ebenfalls leichter fallen. Andererseits hängt es aber auch vom Talent ab: Es gibt Menschen, die haben in diesem Bereich mehr Talent als andere und können daher leichter entscheiden. Und ein weiterer Aspekt ist der Charakter: Wenn ich vom Charakter her gesteuert bin von Ängsten, ist Entscheiden schwerer für mich. Bin ich aber eher von der Zukunft oder von Leistung gesteuert, ist Entscheiden sicher einfacher. Alle diese drei Bereiche greifen ineinander.

Was passiert, wenn man sich nicht entscheidet? Ist das nicht ebenfalls eine Entscheidung?

Ja, tatsächlich ist «sich nicht entscheiden» auch eine Entscheidung. Denn wenn nicht ich mich entscheide, wird jemand anderes für mich entscheiden. Solche Entscheidungen sind kaum zufriedenstellend.

Es verleitet mich dazu, in eine Opferrolle zu fallen und andere für meine ungünstige Situation zu beschuldigen. Das ist sehr verführerisch, denn ich muss so keine Verantwortung übernehmen. Aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der so glücklich geworden ist.

Wann macht es Sinn, sich im Entscheidungsprozess auszutauschen – zum Beispiel mit einem Coach?

Vor wichtigen Entscheidungen mit jemandem auszutauschen hilft tatsächlich sehr, weil man durch das Gegenüber einen Sparringspartner erhält. Manchmal reicht da schon ein einzelnes Gespräch oder ein Telefon. Das kann mit dem Partner, der Partnerin sein, aber auch mit Freunden, Familienangehörigen etc. Eine aussenstehende Person hat aber den Vorteil, dass sie neutraler und nicht mit der Entscheidung verbunden ist und so andere Aspekte einfliessen lassen kann.

Viele Menschen gehen davon aus, dass es die perfekte Lösung oder die perfekte Entscheidung für ein Problem gibt. Was denken Sie dazu?

Diese Vorstellung ist für manche Menschen tatsächlich ein Hinderungsgrund, sich zu entscheiden. Dadurch haben wir aber oft viel zu hohe Erwartungen: etwas Perfektes oder ganz Spezielles wird noch kommen! Doch das Leben an sich ist nicht perfekt – und auch unsere Entscheidungen müssen es nicht sein. Perfektionismus ist in dieser Sache letztlich nicht hilfreich.

Bei Entscheidungen redet man immer wieder von Bauch, Herz und Kopf, Sie haben es eingangs auch erwähnt. Als Trainer und Kursleiter nutzten Sie für diese Thematik das Enneagramm: In diesem Modell kommen Bauch-, Herzund Kopfmenschen in ihren spezifischen Ausprägungen vor und werden in insgesamt neun Persönlichkeitstypen unterteilt. Wie wichtig ist es in Bezug auf Entscheidungen, dass man sich selbst in dieser Hinsicht kennt?

Aus meiner Sicht ist das zentral. Ein Bauchmensch beispielsweise wird am stärksten über den Bauch gesteuert. Hier geht es um Autonomie und Raum. Argumente, bei denen es um diese Thematik geht, sind dann logischerweise für diesen Menschen gewichtiger. Das darf auch so sein, weil ihm oder ihr diese Argumente als Bauchmensch ja wichtig sind. Aber wenn dann Herz und Kopf – also Beziehungs- und Sicherheitsaspekte – zu sehr vernachlässigt oder gar ausgeschalten werden, kann das problematisch sein. Denn wenn Herz und Kopf nicht ebenfalls in eine Entscheidung miteinbezogen werden, kommt man sehr wahrscheinlich früher oder später darauf zurück und muss neu entscheiden. Alle drei Bereiche – Bauch, Herz und Kopf – in Entscheidungen miteinzubeziehen ist also das Ziel.

Wie können denn Bauch, Herz und Kopf ganz praktisch in Entscheidungen miteinbezogen werden?

Eine gute Methode hierzu könnte sein: zuerst auf den Bauch hören, das Bauchgefühl spüren. Danach aber auch das Herz und den Kopf in die Entscheidung miteinbeziehen und auch ihnen Raum für «ihre» Argumente geben. Eine Entscheidung sollte man erst dann fällen, wenn alle drei miteinander übereinstimmen.

Die Reihenfolge Bauch, Herz, Kopf ist dabei wichtig: Sollte ich zuerst dem Kopf eine Stimme geben, verliere ich mich in den Argumenten. Wenn ich zuerst auf das Herz höre, laufe ich Gefahr, mich durch Liebe oder Gefühle täuschen zu lassen. Das Bauchgefühl, die Intuition, ist ein guter Start für eine Entscheidung. Wenn dabei das Herz und der Kopf mitkommen, kann ich mich ganzheitlich entscheiden.

Werden wir noch praktischer: Manche Menschen machen sich bei Entscheidungen eine Liste mit Pro- und Kontrapunkten. Würden Sie dazu raten?

Mit einer solchen Liste wird meistens nur dem Kopf Raum gegeben. Bauch und Herz finden in dieser Liste kaum Platz. Es ist besser, alle drei Bereiche einzubeziehen.

 

Zur Person

Markus Züger ist Gründer und Leiter der School for Leadership und der C-Leaders Fachschule und begleitet Menschen im Bereich Führung, proaktiver Lebensgestaltung und in herausfordernden Berufssituationen.

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