Carmela Inauen verbindet traditionelle Appenzeller Bauernmalerei mit einem modernen, zeitgenössischen Malstil. Die Bilder der Künstlerin werden im In- und Ausland ausgestellt. Dabei hätte sie es lange Zeit nicht für möglich gehalten, dass aus ihr je eine erfolgreiche Künstlerin wird.
Carmela Inauen ist sechs Jahre alt, als sie unerwartet erfährt, dass ihre vermeintlichen Eltern in Wahrheit ihre Pflegeeltern sind – eine Nachricht, die ihre Kindheit fortan prägt. Sie fühlt sich von ihren leiblichen Eltern im Stich gelassen und stellt sich existenzielle Fragen: «Wer bin ich, und wo sind meine Wurzeln?» Sie hat das Gefühl, nicht verstanden zu werden. «Ich war kreativ und damit die Einzige in der Familie, in der ich aufwuchs.» So hat sie, seit sie denken kann, eine Leidenschaft fürs Zeichnen und Malen, ihre Pflegeeltern legen aber vor allem Wert auf Zahlen und Intellekt. Schliesslich macht sie die Ausbildung zur Verkäuferin, obwohl sie lieber an die Kunstgewerbeschule gehen würde. Im Teenageralter lernt sie ihre leibliche Mutter kennen, bekommt von ihr aber nicht die erhoffte Annahme – vom Vater hat sie zu diesem Zeitpunkt immer noch keine Spur.
Zum Glauben gefunden
Mit 19 Jahren heiratet Carmela und bekommt wenig später ihr erstes von drei Kindern. Neben Haushalt und Kindererziehung bleibt für sie die Kunst wichtig. «Ich malte jede Nacht, wenn die Kinder im Bett waren.» Als ihr Mann seine eigene Schreinerei eröffnet, richtet sie dort ihre erste Kunstgalerie ein. Etwa zur gleichen Zeit kommt Carmela Inauen in Kontakt mit dem christlichen Glauben. «Meine Pflegeeltern glaubten zwar auch an Gott, aber die persönliche Beziehung zu ihm kannte ich von daheim aus nicht.» Ihre Schwägerin geht bereits in eine Kirchgemeinde und erzählt ihr von Jesus. «Ich ging das erste Mal in eine Gemeinde und erlebte, wie Gott mir im Lobpreis begegnete.» Bald darauf entscheidet sie sich für ein Leben mit Gott.
Versöhnung erlebt
Die Fragen nach ihrer Herkunft bringt sie nun auch vor Gott und betet viel darüber. Sie will herausfinden, wie Gott als Vater wirklich ist, und setzt sich stark damit auseinander – zum Beispiel am Gleichnis des verlorenen Sohnes. «Ich merkte, dass kein irdischer Vater das erfüllen könnte.» In der Bibel liest sie davon, wie Jesus anderen vergeben hat. Deshalb entscheidet sie sich, ihrer Familie für alle Verletzungen und Enttäuschungen auch zu vergeben und erlebt, wie Beziehungen heil werden. Mit über 50 Jahren gelingt es ihr, ihren leiblichen Vater ausfindig zu machen und zu treffen – auch mit ihm kann sie sich versöhnen.
Berufung entdeckt
Seit ihre Kinder gross sind, hat Carmela mehr Zeit, um sich der Kunst zu widmen. Inzwischen kann sie davon leben – obwohl sie als Kind nie darin gefördert wurde. Für sie ist klar, dass ihr Leben ohne Gott heute ganz anders aussehen würde. «Du musst bereit sein zu vergeben und trotz fehlender Ausbildung die Pinsel in die Hand nehmen – den Rest macht Gott.»