«Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.» Diese Bitte des Vaterunsers zeigt, was Gott am Herzen liegt: Er wünscht sich Frieden auf Erden!
In den ersten drei Bitten des Gebets geht es um die Ehre Gottes. Ab der vierten Bitte rückt der Friede auf Erden ins Zentrum. Solange es Menschen gibt, denen es am Notwendigsten mangelt, wird es jedoch keinen Frieden geben. – Darauf weist die Brotbitte hin. Es ist aber auch kaum Friede möglich ohne Vergebung.
Weiter ausformuliert könnte es heissen: «Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben haben jenen, die an uns schuldig geworden sind.» In dieser Weise übersetzt die Neue Zürcher Bibel. Unser Vergeben steht also in engstem Zusammenhang mit der Vergebung Gottes. Darauf wies Jesus in nachfolgendem Gleichnis in seltsamer Schärfe hin: Ein König verlangt von einem Schuldner eine hohe Geldsumme zurück. Dieser kann aber nicht bezahlen. Der König entscheidet, ihm die Schuld zu erlassen. Was tut nun der Schuldner? Handelt er in selber Art? Nein, im Gegenteil! Ihm wird ebenfalls eine kleine Geldsumme geschuldet. Sein Schuldner kann jedoch nicht bezahlen. Anstatt sie ihm ebenfalls zu erlassen, so wie es ihm widerfahren ist, lässt er den Mann ins Gefängnis stecken. Als der König dies hört, reagiert er zornig. Er zitiert den Schuldner und fragt: «Hättest nicht auch du Erbarmen haben müssen mit deinem Mitknecht, so wie ich Erbarmen hatte mit dir?» Er lässt den Mann ins Gefängnis werfen, bis seine ganze Schuld bezahlt ist. – Mit dem barmherzigen König ist Gott gemeint.
Wie zentral Vergebung in der Beziehung zu Gott und der Beziehung unter Menschen ist, zeigt sich an der Ermahnung von Jesus: «Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist!» Er selbst hat vorbildhaft danach gehandelt, als er am Kreuz betete: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!»
Vergeben ist meist nicht einfach. Es gibt so viel Schlimmes unter Menschen. Da braucht es manchmal viel Zeit, bis Vergebung möglich wird. Vielleicht sind sogar Gespräche in Seelsorge oder Therapie nötig, weil Hass, Wut, Groll, Ärger und Bitterkeit immer wieder aufkommen. Jemand, dem es unmöglich schien zu vergeben, betete: «Jesus, ich möchte vergeben, weil ich merke, dass es mir nicht guttut, wenn ich an diesem schmerzvollen Erlebnis hängen bleibe. Aber es geht nicht. Bitte erlöse Du mich von der Macht des Erlebten. Heile Du, was verletzt wurde und schaffe Du in mir Vergebung durch das Wirken des Heiligen Geistes.»