Wo Geschwister sind, gibt es Konflikte. Sollen die Eltern eingreifen oder die Kinder machen lassen?
Sandra Ochsenbein ist Mutter von drei erwachsenen Kindern und individualpsychologische Lebensberaterin. «Streit ist manchmal ganz wichtig. Streit heisst, dass sich Kinder reiben und lernen sich durchsetzen. Sie fangen an, ihre Meinung kundzutun. Manchmal gibt es eben bessere und schlechtere Durchsetzungsmuster. Aber Streit an sich ist ja nicht nur immer schlecht.»
Für Eltern bedeutet dies, dass sie den Streit ihrer Kinder auch mal aushalten müssen, denn er ist wichtig für die Entwicklung der Kinder. «Streit ist wichtig, weil es zwei Menschen sind, die ihre Bedürfnisse kundtun können und für etwas kämpfen. Das formt unsere Kinder. Wir wollen ja nicht, dass unsere Kinder unter die Räder kommen. Sich zu wehren und zu sagen ‹Ich bin auch jemand› ist wichtig.»
Wenn Eltern in den Streit eingreifen, passiert dies meistens aus dem falschen Motiv heraus: Sie wollen einfach Ruhe und Frieden haben, was aber den Kindern nichts bringt.
Es gibt jedoch durchaus Situationen, wo Eltern einschreiten müssen. Vier Kriterien («RAST») helfen einzuschätzen, ob eine Intervention nötig ist:
Was den Kindern beim Streiten zudem hilft, sind Eltern als Vorbilder. Denn wenn Eltern ihre Differenzen nur versteckt austragen, kann dies bei den Kindern den Eindruck erwecken, dass Streit schlecht oder bedrohlich ist.
Ochsenbein sagt, dass hier ein Mittelmass gefragt sei. Eltern sollen vor ihren Kindern diskutieren und ihre Meinungsverschiedenheiten austragen, aber nicht ihren Streit über den Köpfen der Kinder. Und wenn Eltern vor ihren Kindern streitet, sei es wichtig, nachher mit ihnen darüber zu reden.