Die Dublin-Verordnung der europäischen Staaten besagt, dass Flüchtlinge, die weniger als sechs Monate an einem Ort leben, ausgeschafft werden sollen, und zwar in das europäische Land, wo sie erstmals registriert wurden. In gewissen Fällen gewähren die Kirchen solchen Flüchtlingen Kirchenasyl.
«Kirchenasyl ist eine ganz alte Tradition», sagt Andreas Nufer, reformierter Pfarrer an der Heiliggeist-Kirche in Bern. Bildlich gesprochen bedeute es, dass eine Kirchengemeinde um eine Person stehe und diese schütze.
Er erklärt, dass es dieses Phänomen bereits in ähnlicher Form in der Antike gab, und zwar im alten Griechenland und alten Israel. Wenn jemand in einem Heiligtum etwas Heiliges berührte, war er vor jeglichem Zugriff geschützt.
Das Kirchenasyl ist kein juristischer Begriff, sondern eine Tradition. «Es kam in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder zu Fällen von Kirchenasyl, wenn Migranten jeweils ausgeschafft werden sollten», erzählt Nufer. Die Kirchen erachteten eine Rückschaffung aus christlicher und humanitärer Sicht als nicht vertretbar. Er bezeichnet das Kirchenasyl als Korrektiv, wenn der Staat sich nicht mehr an die eigenen Regeln halte.
In der Schweiz ist das Kirchenasyl eine Grauzone. Natürlich könne man sich auf die Position stellen, dass es illegal sei, so Nufer. Aus theologischer Sicht sei das Kirchenasyl eines der letzten Mittel.
Nufer selbst hat aus eigener Überzeugung ein paar Mal Kirchenasyl gewährt. Es könne eine sehr intensive Zeit sein, wenn jemand beispielsweise vulnerabel oder hochtraumatisiert sei. Und doch: «Es ist natürlich auch schön zu sehen, wenn es jemandem nachher besser geht.»