Am heutigen Internationalen Tag der Gebärdensprache stehen Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung im Mittelpunkt. In der Schweiz sind rund 10 000 Menschen gehörlos.
Diese liegen der reformierten Pfarrerin Anita Kohler am Herzen. Sie arbeitet nämlich als Gehörlosenseelsorgerin und ist in dieser Funktion für die gesamte Nordwestschweiz zuständig. Sie ist in vielen Kirchen zu Gast und hält mit ihrer Gehörlosengemeinde Gottesdienste ab.
Sie mache die gleiche Arbeit wie andere Pfarrerinnen auch, allerdings in einer Fremdsprache, nämlich der Gebärdensprache. Auch die Themen und Probleme, welche die Gehörlosen beschäftigen, sind dieselben wie bei anderen Menschen. «Die grossen existenziellen Fragen unterscheiden sich nicht», bestätigt Kohler.
Ihr Vater war stark schwerhörig und deshalb kannte sie bereits als Kind die Grundregeln, wie mit gehörbeeinträchtigen Menschen zu kommunizieren ist. Entsprechend fällt ihr der Zugang zu Gehörlosen leichter als anderen Menschen. Die Gebärdensprache musste sie für ihrer jetzige Tätigkeit allerdings noch lernen.
Seelsorge für Gehörlose ist nicht hörend, sondern mitspürend und mitsehend, wie Kohler sagt. Mimik und Gestik spielen eine zentrale Rolle. Die Pfarrerin erlebt Seelsorgegespräche mit Gehörlosen als emotionaler. Die Mimik in der Gehörlosenwelt sei stärker, es sei eine visuelle Kultur mit einer visuellen Sprache. Deshalb empfindet sie diese Gespräche als ehrlicher und direkter.