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Zuversicht – was ist, wenn sie verloren geht?

Zuversicht ist ein Geschenk.
Publiziert: 21.10.2024

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Von Patrizia Manolio

Jeder von uns hatte schon mal einen Albtraum und kennt das Gefühl der Erleichterung, wenn man erwacht und realisiert, dass es glücklicherweise nur ein böser Traum war. Bei Patrizia Manolio war es umgekehrt. Sie träumte von schönen Dingen und erwachte im schlimmsten Albtraum, der ihr jede Zuversicht auf eine lebenswerte Zukunft raubte.

Zuversicht ist per Definition nichts anderes als festes Vertrauen auf eine positive Entwicklung in der Zukunft. Was aber, wenn wahrgewordene Albträume komplett an die Stelle des bisher dagewesenen Urvertrauens treten? Wie kann ich dann noch an der Zuversicht festhalten?

Meine drei schlimmsten Albträume wurden Realität: eine Vergewaltigung mit versuchtem Mord, eine Krebserkrankung und ein Nierenversagen mit Transplantation. Alle drei Erlebnisse sind im Einzelnen schon unerträglich, aber geballt im Abstand von wenigen Jahren brachten sie mich an einen Ort, an dem keine Zuversicht mehr zu finden war. Jedes einzelne Erlebnis würde Bücher füllen, daher fokussiere ich mich auf diesen zwei Seiten auf die Krebserkrankung.

Wenn die letzte Hoffnung schwindet
Am 18. Juni 2011 brach nachts der Oberschenkel meines linken Beines. Nicht etwa durch einen Sturz oder einen Unfall – nein, ich wollte einfach nur von der Toilette aufstehen. Dem ging voraus, dass ich viele Monate zuvor Schmerzen hatte im Bein und trotz Abklärungen keine Diagnose gefunden werden konnte, die meine Schmerzen hätte erklären können. Im Gegenteil, so langsam hatte ich das Gefühl, dass ich mir den Schmerz nur einbildete – wie mir das von den Ärzten auch eingeredet wurde. So lag ich nun mitten im Badezimmer früh morgens am Boden auf den kalten Fliesen mit unerträglichen Schmerzen. Die Ambulanz kam, stabilisierte mich und brachte mich ins Spital. Relativ schnell erhielt ich den Befund «Oberschenkelbruch». Ich war erleichtert, dass es nun endlich eine Diagnose gab, ohne mir zu überlegen, dass so ein Oberschenkel ja eigentlich nicht so ohne Weiteres bricht. Doch das Ärzteteam klärte mich kurze Zeit später auf, dass der Oberschenkel aufgrund eines Tumors im Endstadium gebrochen sei mit der Aussicht, dass ich noch etwa drei Monate zu leben hätte. In dem Moment schwand bei mir die letzte Zuversicht.

Wenn Gott das letzte Wort hat
Aufgrund des Tumorherdes durfte der Knochen nicht mehr zusammenwachsen und wurde mit einem Metallgestell, welches durch mein Bein und Knochen führte, fixiert. Von einem Tag auf den anderen war ich an ein Spitalbett gefesselt, ohne die Möglichkeit zu sitzen, zu gehen, mich zur Seite zu drehen – mit der Kenntnis und dem Glauben, wohl nicht mehr lange zu leben. Trotzdem begann schon bald eine Chemotherapie und ich war komplett überfordert mit der ganzen Situation. Ich wollte nicht wahrhaben, dass dies tatsächlich alles gewesen sein sollte in meinem Leben. Ich konnte nicht verstehen, was das für eine Prüfung sein sollte und warum Gott mich diesen Qualen aussetzte. Monatelang habe ich in diesem Zustand so manche Diskussion mit Gott geführt, war oft sehr wütend auf Gott und die ganze Situation.

Und dann – eines Nachts – erhielt ich eine Antwort von Gott, indem er im Traum zu mir sprach. Er hatte mich nicht aufgegeben! Er gab mir eine Wahl und damit meine Freiheit zurück. Das Erlebnis jener Nacht schildere ich ausführlich in meinem Buch «Überleben». Nach dieser Nacht wusste ich, dass ich überleben und den Krebs besiegen werde.

Voller neuer Zuversicht fing ich an, meine eigene «Bucketlist» zu schreiben. Eine Liste mit Dingen, die ich im Leben dringend machen und erleben möchte. Darauf standen Wünsche wie: ans Meer gehen, wieder duschen, Schnee spüren, selbst kochen, heiraten, eine Familie gründen und vieles mehr. Ich versuchte mir bildlich vorzustellen, wie es wohl wäre, all dies zu erleben. Nach 18 Monaten war die letzte Chemotherapie abgeschlossen und ich «krebsfrei». Ich lernte wieder neu zu laufen, fand zurück in meinen Alltag und begann mit der Erfüllung meiner Wünsche auf meiner «Bucketlist». So viele Wünsche wurden erfüllt!

Wenn Wunder wahr werden
Das allergrösste Wunder jedoch und die Erfüllung meines «letzten Wunsches» auf dieser Liste ist im Begriff sich zu erfüllen … Ich werde diesen Oktober meine Tochter zur Welt bringen. Unglaublich, aber wahr. In einem Körper wie meinem, der so vieles durchgemacht hat und Traumata, Operationen, Chemotherapie, Transplantation und heftige Medikationen überlebt hat, entsteht neues Leben!

Rückblickend kann ich sagen, dass selbst dann, wenn es scheinbar keinen Ausweg, keinen Glauben und keine Hoffnung mehr gibt, die Zuversicht einen Weg zurück ins Herz finden kann. Gott vermag uns die Zuversicht neu in unser Herz zu legen und damit neues Leben zu schaffen und mit uns Geschichte zu schreiben.

Den Glauben und die Zuversicht, dass Gott für mich – für jeden von uns! – einen Plan hat und das Beste für uns möchte, hat mir in der Tiefe geholfen, Verantwortung loszulassen und Wunder wieder zuzulassen. Zuversichtlich und voller Freude geniesse ich nun einfach das Glück mit meiner Familie – bald zu dritt!

 

Zur Person
Patrizia Manolio arbeitet bei Swisstransplant und ist Präsidentin des Schweizerischen Transplantierten Vereins. Das Herz der Buchautorin, Mutmacherin und Bald-Mama schlägt für ihre Familie, Freunde, Gerechtigkeit, gute Lektüre, gutes Essen, Filme und Tiere.
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© ERF Medien
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