Wenn die eigenen Kinder ausziehen, endet für die Eltern ein Lebensabschnitt und ein neuer beginnt. Oft bedeutet dies für Ehepaare eine grosse Herausforderung. Denn häufig fällt der Auszug der Kinder mit einem Umbruch zusammen, welcher jeder Mensch mit etwa 45 bis 50 Jahren durchlebt, erklärt die Psychologin und Paartherapeutin Sabine Fürbringer. Der Wegzug der Kinder potenziert diesen Umbruch.
Während die einen Paare einen zweiten Frühling erleben, gestaltet sich für andere die Paarbeziehung konfliktreich. Diese haben während ihrer Elternzeit ihre Beziehung zu wenig gepflegt und den emotionalen Bezug zueinander verloren. Fürbringer empfiehlt solchen Paaren sich zu überlegen, was sie zu Beginn ihrer Beziehung gegenseitig anzog und wo nun Anknüpfungspunkte liegen könnten.
Es hilft deshalb, wenn sich Eltern von Anfang an bewusst machen, dass ihre Kinder eines Tages ausziehen werden und sie sich bewusste Zeiten schaffen, um in die Paarbeziehung zu investieren. «Die Kinder werden wieder gehen, der Ehepartner bleibt uns erhalten. Wenn wir mit diesem Menschen alt werden möchten, müssen wir die ganze Zeit über in diese Beziehung investieren», sagt Fürbringer.
Grundsätzlich gilt: «Es ist ein Lebensabschnitt, der in dieser Form nicht mehr wiederkehrt. Das darf einem ein wenig traurig machen. Es zeigt, dass man etwas ganz Kostbares mit den Kindern erleben durfte.» Die Eltern dürfen sich freuen, dass aus den eigenen Kindern eigenständige Menschen geworden sind. Schliesslich haben die Eltern darauf hingearbeitet. Nun können sie sich auf den nächsten Lebensabschnitt freuen.
Meistens erleben Mütter diesen Wechsel stärker, weil sie oft diejenigen sind, welche den Haushalt führen. Eine Mutter erzählte kürzlich Sabine Fürbringer, dass sich der Auszug des letzten Kindes wie eine Kündigung angefühlt hätte. Im Hinblick auf den Wiedereinstieg in das Berufsleben hilft es deshalb, gut vorbereitet zu sein. «Je mehr Standbeine im Leben wir haben, umso leichter ist es, die Kinder ziehen zu lassen.»
Fürbringer ermutigt zu einem positiven Ausblick: «Wenn die Kinder weg sind, haben wir nochmals Jahrzehnte vor uns, wo wir in dieser Welt richtig etwas bewegen können. Dies gilt insbesondere für Frauen, welche bisher zurückgesteckt haben. Jetzt kommt nochmals eine Zeit, wo sie durchstarten können.»