Von Felix Ruther
Was ist das Glück und wie könnte ich es erfahren? Glück ist ein abstrakter Begriff und als solcher nicht so leicht zu definieren. Wenn ich es versuche, kommen mir drei «Glücksfelder» in den Sinn.
Man kann ja einfach einmal Glück haben! Zum Beispiel, wenn mein Los gezogen wird. Zu diesem Glück kann ich nicht viel beitragen, ausser vielleicht an der Verlosung teilzunehmen. Sehen wir das Glück als Emotion, die sich auf einen äusseren oder inneren Reiz einstellen kann, dann besteht schon eher die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, auch wenn man weiss, dass unsere genetische Ausstattung einen entscheidenden Einfluss auf unser Glücksempfinden hat. In der sogenannten Theorie des «Set-Points» für die Glückswahrnehmung wird festgestellt, dass schlimme Schicksalsschläge aber auch schöne Erlebnisse nur eine begrenzte Wirkung haben. Nach einiger Zeit pendelt sich die Stimmung wieder auf ein individuelles Glücksniveau ein – eben den Set-Point des individuellen Glücks. Ist nun das Glücksempfinden rein genetisch bedingt?
Glücksforscher verneinen und zeigen, dass man dazulernen kann. Vor allem wird geraten, achtsam die kleinen Geschenke des Lebens dankbar anzunehmen. Gerade der Dankbarkeit und der bewussten Erinnerung an Gutes und Schönes wird ein grosser Einfluss auf die Erweiterung unserer «Set-Points» zugeschrieben. Ich selber übe mich hier im «Auftauchen aus meiner Gottvergessenheit». Klar erlebe ich immer noch Momente schlechter Stimmung oder Sorgen. Doch zeigt mir die Erfahrung, dass das Bewusstsein eines gegenwärtigen und liebevollen Gottes diese Sorgen und negativen Stimmungen in mir nie zum allesbestimmenden Lebensfaktor werden lässt. Der atheistische Nobelpreisträger Jacques Monod schrieb, dass wir zufällig in ein teilnahmsloses Universum geworfen seien, das sich nicht für unsere Freuden oder Tränen interessiert. Das ist für mich eine Sicht auf die Welt, die leicht dazu verleiten kann, krampfhaft das eigene, kleine Glück zu suchen. Und das wiederum ist praktisch eine Anleitung zum Unglücklich-Sein. Jesus bringt es auf den Punkt: Geben ist seliger als Nehmen.
In der Philosophie und auch der biblischen Weisheitsliteratur bedeutet «Glück» die Umschreibung für «gelingendes Leben». Also etwas Anhaltenderes, das man nicht direkt an der Menge der ausgeschütteten Glückshormonen messen kann. So sagte schon Sokrates, dass es für das eigene Seelenglück besser sei, notfalls Unrecht zu erleiden, als Unrecht zu tun. Tugendhaftes Leben verhindert kein Ungemach, macht aber ein geglücktes Leben viel wahrscheinlicher.
Der gewichtige Vertreter der positiven Psychologie, Martin Seligman, spricht beim wichtigsten Glücksfaktorvon «Meaning», also vom Lebenssinn. Wenn ich mein Leben nicht irgendwie sinnvoll erlebe, dann wird mich auch aller mögliche Luxus mit der Zeit nur anöden. Und Lebenssinn glaube ich dort entdeckt zu haben, wo ich mich Teil einer grossen Sache weiss. Für mich ist es das Mitgestalten der Welt in Richtung einer vermehrten Sichtbarwerdung des Reiches Gottes: Wo primär die Liebe das Sagen hat, wo Barmherzigkeit herrscht und wo die Menschen von Lasten befreit aufatmen können.
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