Leider erlebe ich immer wieder Menschen, die ihr Leben lang in ihren «verlorenen Gärten» herumstapfen und nicht bereit sind, diese neu und positiv zu gestalten. Ja, es ist wahr: Menschen verletzen Menschen! Ich rede da aus eigener Erfahrung. Als Kind wuchs ich in einer gewaltorientierten Alkoholikerfamilie auf. Und diese Zeit hat Spuren hinterlassen. Lange Zeit spürte ich Wut, vor allem auf meine Mutter. Unzählige Male hatte sie mich schier zu Tode geprügelt, scheute sich auch nicht, mit dem Messer auf mich loszugehen. Jahre später noch hatte ich Angst vor ihr. Aber irgendwann wusste ich auch, dass diese Zeit der «verlorenen Gärten» meines Lebens nicht meine Zukunft beeinflussen durfte. Ich brauchte einige Jahre, um das zu verstehen. Immer wieder fragte ich mich: «Weshalb hat meine Mutter all ihren Hass an mir ausgelassen?» Eines Tages schenkte mir Gott eine Antwort: «Deine Mutter war überfordert am Leben.» Diese einfache Antwort war der Start, um meine Vergangenheit endlich völlig abzuschliessen. Es war ein Gedanke, der sich plötzlich in meinem Kopf einnistete. Er war die Grundlage, mein Leben wieder zu gestalten, selber in die Hand zu nehmen.
Auch der Erbe von Heligan tat das: Er suchte Freunde, die ihm halfen. Diese Vergangenheit musste er nicht selber bewältigen. Aber er musste sich verabschieden von der Verbitterung ob all der Soldaten, die das ganze Anwesen – seine Lebensgrundlage – zerstört hatten. Er versöhnte sich, er vergab. Und dadurch hatte er Kraft, die heute so wunderschönen Gartenanlagen zu gestalten.
Wer vergibt, hat mehr vom Leben
Eine meiner Lieblingsgeschichten in der Bibel ist jene von Josef (zu lesen ab 1. Mose 37). Dieser junge Mann wurde von seinen Brüdern verhöhnt, verlacht, in einen Brunnen geworfen und letztendlich für lumpige zwanzig Silberstücke an einen ismaelitischen Händler verkauft. Und so kam er nach Ägypten und erlebte Höhen und Tiefen ohne Ende. Niemand hätte sich gewundert, wenn sich Hass, Wut und der Wunsch nach Vergeltung in ihm breit gemacht hätten. Und von vielen wäre er sogar verstanden worden. Denn wer so viel Leid erfährt, nur weil seine Brüder eifersüchtig und neidisch sind, hätte allen Grund wütend zu sein. Als es aber Jahre später in Ägypten zu einer schicksalsschweren Begegnung kommt, hat Josef ein völlig anderes Denkmuster. Das Leben hat ihn reif gemacht. Josef hat auch erkannt, wie viel er falsch gemacht hat. Und er hat genauso intensiv erlebt, wie Gott ihm geholfen hat. So hat er sich zum Lebensmotto gemacht, was jemand einmal kurz mit wenigen Worten zusammengefasst hat: «Wie Gott mir, so ich dir.» Wenn Gott mir vergibt, dann will ich das auch tun. Wenn Gott über mich gute Gedanken hat, dann will ich auch lernen so zu denken. Und wenn Gott mich liebt, will ich auch lernen, immer mehr zu lieben.