Unsere Mutter: eine prägende, wenn nicht sogar die prägendste Person in unserem Leben. Ob es uns bewusst ist oder nicht, durch die von Anfang an nahe körperliche und seelische Verbindung entscheidet sie über unser Heranwachsen im Mutterleib und unser Verständnis von Beziehung. Da sie meist die erste nahe Bindungsperson darstellt, beeinflusst sie auch unser Selbstbild und unsere Identität immens. Ist unsere Mutter lebensfroh und psychisch stabil, gibt sie uns ein ganz anderes Weltbild und Selbstverständnis mit, als wenn sie an sich selbst zweifelt oder sogar um ihre Existenz kämpft.
Andreas Dubach aus St. Gallen konnte als Kind wegen eines Hirnschadens nicht sprechen. Doch seine Mutter gab ihn nicht auf. Sie tat alles, um ihm zu helfen, ermutigte ihn und betete viel. Konsequent übte sie mit ihm auch jeden Tag reden und schreiben. Ab der sechsten Klasse konnte er sich fast normal ausdrücken. Für die Logopädin grenzt das an ein Wunder. Bis heute ist Andreas mit seiner Mutter in Dankbarkeit verbunden.
Weil Verena Wurster vor 77 Jahren auf die Welt kam – damals gab es noch keine Ultraschall-Untersuchungen – waren die Eltern und der Arzt überrascht, dass Zwillinge auf die Welt kommen. Als Verena als zweites Baby geboren wurde, habe die Mutter geschrien: «Nähmet sie das Chind! Ich wills nöd.»
Genauso wie Verenas Leben startete, ist es auch weitergegangen. Sie war nicht gewollt – nur knapp geduldet. Die Mutter war schwer depressiv und hat Verena, das lebensfrohe Kind, kaum ertragen. Verena wurde deshalb oft geschlagen, kritisiert und war immer an allem schuld. Verena kämpfte jahrelang damit, sich selbst zu akzeptieren.
Heute kann sie aber dank ihrem persönlichen Versöhnungsweg mit Überzeugung sagen, dass sich aus ihrer Leidensgeschichte eine Liebesgeschichte entwickelt hat. Dieses Erleben führte dazu, dass sie 2003 die Casa Immanuel gründete. Eine Stiftung die Menschen unterstützt, ihren Weg aus einer Krise zurück ins Leben zu finden.