Von Katharina Hoby
Eigentlich wollte ich als Jugendliche Stewardess werden. In der Nähe des Flughafens aufgewachsen, beobachtete ich fasziniert die landenden und startenden Flieger: Sich in ein Flugzeug zu setzen, dem Kapitän voll und ganz zu vertrauen, immer wieder neu das Kribbeln im Magen zu spüren beim Start und dann hoch über den Wolken Gastgeberin zu sein und die Wünsche der Passagiere zu erfüllen und fremde Länder zu erkunden ...
Träume erfüllen sich – doch vielleicht anders
… So stellte ich es mir vor, doch daraus ist nichts geworden. Wie es aber so oft im Leben ist, bleibt etwas Wesentliches der kindlichen Träume bestehen und wird auf ganz andere und unerwartete Art Wirklichkeit. So erlebte ich es in meinem Pfarramt für die Chilbi- und Zirkusseelsorge, in dem ich 17 Jahre als Seelsorgerin in der ganzen Schweiz tätig sein durfte. Es waren zwar weniger fremde Länder, dafür Städte und Dörfer übers ganze Land verteilt, die ich kennenlernte bei meinen Besuchen auf den Chilbiplätzen. Den Nervenkitzel erlebte ich x-fach auf den verrückten Bahnen, die ich jeweils einweihen durfte. Und statt des Kaffees mit dem Gipfeli zu servieren, kümmerte ich mich
fortan um die seelischen Bedürfnisse und Nöte der Menschen. Dabei half mir stets die Frage, die Jesus dem blinden Bartimäus stellte: «Was willst du, dass ich dir tun soll?» Unzählige kostbare Begegnungen machte ich so in den vergangenen Jahren, auch schwierige und anstrengende. Der «Pilot», dem ich mein Leben dabei vertrauensvoll übergeben hatte, war Gott, der sich mir - wie er es schon Mose verheissen hatte - immer wieder neu zeigte als der «Ich bin, der ich sein werde».
Ich suchte einen Neuanfang
Es war eine bereichernde Zeit und doch spürte ich irgendwann: Es zieht mich woanders hin. Ich war müde geworden, den Menschen stets hinterher zu reisen. Ich sehnte mich nach einem festen Ort, an dem ich wirken konnte. Ich suchte einen Neuanfang. Das Gleichnis der uns anvertrauten Talente, mit denen wir etwas Gutes tun mögen, half mir dabei, mich neu zu orientieren. Nach einer Zusatzausbildung zur Spitalseelsorgerin fand ich im Spital Hirslanden in Zürich meine Traumstelle.
Unser Erkennen ist Stückwerk
Immer noch motiviert und angetrieben von der Frage nach dem, was ich den Menschen Hilfreiches tun kann, höre ich den Patientinnen und Patienten zu und versuche, sie zu verstehen und mit ihnen im manchmal unfassbaren und unverständlichen Leid Worte und Sinn zu finden. Und halte es mit ihnen aus, dass es auf viele Fragen keine Antworten gibt. «Unser Erkennen ist Stückwerk» tröstet uns Paulus. Wir sehen alles, was uns widerfährt, bloss wie durch einen getrübten Spiegel, matt und unklar. Doch einmal werden wir erkennen, von Angesicht zu Angesicht. Daran glaube ich aus der ganzen Tiefe meines Herzens.
Geleitet und geführt
Zur eigenen Stärkung besuche ich mit grosser Freude die Neugeborenen und ihre Eltern. Wie wohl sonst kaum jemals wird in diesen Momenten eine Demut spürbar und eine tiefe Dankbarkeit einer göttlichen Macht gegenüber, die einem das grösste Geschenk anvertraut hat. Wenn ich dann mit den Worten aus Psalm 91, «Gott wird seine Engel schicken, dich zu begleiten auf allen deinen Wegen» das Kind segne, dann breitet sich im Zimmer eine ergreifende Stille aus. Und ich spüre, dass auch ich selbst in meinem ganzen Leben von diesem Vertrauen geleitet und geführt worden bin. Wie Josua glaube ich daran, dass Gott mein Wegbegleiter ist. Darum: «Sei mutig und hab keine Angst, ich bin bei dir auf all deinen Wegen!»