Von Reto Kaltbrunner
Als ich vor vier Jahren chronisch krank wurde, hat das viele Fragen aufgeworfen. Mein Umfeld und ich suchten nach Antworten, wie Gott das zulassen konnte. Nachdem ich alle Sünden bekannte und immer noch krank war, begann ich dieses Glaubenskonzept zu hinterfragen. Wer glaubt, dass alle Krankheiten und Probleme ihren Ursprung im eigenen Fehlverhalten haben, ist glücklicherweise auf dem Holzweg. «Glücklicherweise», weil es im christlichen Glauben nicht in erster Linie darum geht, sich an Regeln zu halten und alles richtig zu machen.
Schon immer haben wir Menschen versucht, Leid und Krankheit zu deuten, und dabei oft vergessen, dass Gott eine Beziehung mit uns haben will. Viele biblische Berichte zeigen auf, dass Gottes Ziel immer Beziehung zum Menschen ist. Wer auf alles eine Antwort braucht, wer alles einordnen und verstehen muss, wird es nicht einfach haben. Wenn der Wunsch, Gottes Handeln im eigenen Leben zu verstehen, einer Unsicherheit, einem Misstrauen entspringt, wird uns die Suche nicht näher zu Gott, sondern weiter von ihm wegführen.
Gottes Sehnsucht nach Beziehung ist der wichtigste Grund, warum wir existieren. Das Verhalten ist sicher nicht unwichtig, aber es kommt in Gottes Prioritätenliste nicht an erster Stelle. Weshalb ich mir dessen so sicher bin? Werfen wir einen Blick in die Bibel:
Gott machte den Menschen und merkte bald, dass der Mensch sich einsam fühlte. Also nahm er ein Update vor zum «Menschen 2.0» und unterteilte ihn in zwei Geschlechter: Mann und Frau. Gott freute sich über die Menschen! Sie lebten in perfekter Harmonie mit Gott im Garten Eden. Wir wissen nicht wie lange das gut ging, aber es kam irgendwann zum Bruch und die Menschen zerstörten ihre Gemeinschaft mit Gott. Adam und Eva brauchten plötzlich Antworten auf Fragen, die vorher keine Rolle spielten. Die Fragen und Zweifel nagten am Vertrauen. Weil sie nicht mehr glaubten, dass Gott nur das Beste für sie will, nahmen sie ihr Schicksal selbst in die Hand und mussten das Paradies verlassen. So trennte das Misstrauen die Menschen sofort von Gott, weil sie an Gottes Liebe zweifelten und dachten, dass er ihnen etwas vorenthalten könnte. Die Harmonie war zerstört, nichts war mehr perfekt. Hier stellt sich die Frage: Was war die Ursache der Trennung? Der Biss in die verbotene Frucht oder das Misstrauen Gott gegenüber?
Die Antwort darauf ist entscheidend, weil sie unser Gottesbild offenbart. Gott will unser Vertrauen, um darauf eine tiefe Beziehung aufbauen zu können. Wenn dieses Ziel verfehlt wird, beschreibt das die Bibel mit dem Begriff «Sünde». Wegen ihr verfehlen wir das ursprüngliche Ziel, Gemeinschaft mit Gott zu haben. Jesus hat dieses Problem gelöst: Wer ihm vertraut, kann wieder nahe bei Gott sein.
Ich habe bis heute keine befriedigende Antwort für meine Krankheit gefunden. Aber ich habe mich entschieden, Gott auch in dieser Zeit zu suchen und ihm nahe zu sein. Von Herzen wünsche ich auch Ihnen, dass Sie Ihre Fragen zwar stellen und Antworten suchen können, gleichzeitig aber vertrauensvoll bei Gott bleiben mit der tiefen inneren Gewissheit, dass er weiss, was er tut.
Zur Person
Das Herz von Reto Kaltbrunner schlägt für Gottes Sache, für seine Familie mit den vier Söhnen sowie für seine Gemeinde ICF St. Gallen, die er zusammen mit seiner Frau seit 20 Jahren leitet.
Serie «Gott ist …»
Wie oder wer ist Gott eigentlich? Diese Frage beschäftigt die Menschen schon lange. In der Bibel werden unterschiedliche Bilder gebraucht, um Gott zu beschreiben. In einer Serie teilen Theologinnen und Theologen aus verschiedenen Denominationen ihre Vorstellungen, wie Gott ist.