Die Heiligungsbewegung geht auf den Erweckungsprediger John Wesley (1701–1791) zurück. Er war anglikanischer Pfarrer und gründete die Methodistische Kirche. Er vertrat den Standpunkt, dass die Entscheidung zum Glauben an Jesus noch nicht reicht. Sondern es sei ein «Second Blessing» (zweiter Segen) nötig, eine Art zweites Erlebnis mit Gott. Gott müsse nochmals eingreifen, damit ein Christ sündlos leben könne.
Felix Ruther teilt zwar diese Ansicht nicht, aber das Anliegen von Wesley: Die Sünde beim Namen nennen und sich nicht so verhalten, wie wenn alles keine Rolle spielen würde. «Ethik und Moral sind wichtig.» Wesley war es ein Anliegen, dass Menschen einander im Vertrauen ihre Sünden und Fehler erzählen können. Der Weg der Jesus-Nachfolge sollte ernst genommen werden.
Die Heiligungsbewegung möchte Menschen näher zu Gott bringen und weg von der Welt. Das bedeutet aber nicht, dass man sich von der Welt zurückzieht, sondern vermehrt alternative Lebensformen wagt und einübt, zum Beispiel gemeinschaftliches Leben.
Die Kirche müsste ein alternatives Lebensangebot sein, wo Dinge anders laufen, sagt Ruther. «Eine Lebensform, die nicht von Leistung, Geld, Macht dominiert ist. Ein Zusammenleben, das befreit und der Mensch zum Recht kommt. Wir geben nicht mehr dem Mächtigsten den schönsten Platz, sondern dem Schwächsten.»
Dabei geht es auch um Nachhaltigkeit. «Wieso muss jeder ein grosses Auto haben?», fragt Ruther. «Der ganze Umweltschutz wäre mehr oder weniger obsolet, wenn wir massvoll miteinander leben und teilen würden.»