Von Daniel Meister
Zahlreiche Filme und Serien zeichnen eine düstere Zukunft unseres Planeten. Zeitgenössische Philosophen sehen dunkle Wolken am Horizont der Menschheit. Doch eigentlich sagen uns die weltweiten Zahlen und Statistiken etwas ganz anderes: Globale Armut, Kriege und Feinstaubbelastung nehmen ab. Lebenserwartung, Alphabetisierung und Zugang zu sauberem Trinkwasser nehmen zu – und trotzdem blicken wir negativ nach vorne.
Der Mensch lebt nicht vom Planeten allein
Der Philosoph und Theologe Johannes Hartl geht in seinem Buch «Eden Culture» den Ursachen für den weit verbreiteten Zukunfts-Pessimismus auf den Grund. Er macht – zumindest in unseren Breitengraden – gesellschaftliche Phänomene wie übermässige Leistungsorientierung, Beschleunigung durch Digitalisierung und den Verlust von echten sozialen Kontakten dafür aus. Hartl präsentiert uns aber auch Lösungsansätze und spricht von einer neuen «Ökologie des Herzens», welche die Menschheit für eine hoffnungsvolle Zukunft benötige: «Wir Menschen brauchen zum Leben mehr als saubere Luft und Trinkwasser allein. Wenn wir zwar den Planeten retten, uns aber nicht um unsere Herzen kümmern, dann sterben wir auch aus.» Die zentralen Nährstoffe des menschlichen Herzens seien «Verbundenheit, Sinn und Schönheit», so der Leiter des Gebetshauses Augsburg.
Altölentsorgung als Herzenshaltung
Johannes Hartl benutzt das Bild der Altölentsorgung, um zu erläutern, was er genau mit Verbundenheit, Sinn und Schönheit meint. Man finde genügend Argumente, einen Kanister Altöl einfach in den nächsten Weiher zu kippen: Er ist so schwer, die Entsorgung ist so teuer und es sieht mir ja niemand dabei zu. Es gebe aber drei essentielle Gründe, weshalb wir das womöglich nicht tun. Erstens würden wir das Altöl nicht im Weiher entleeren, wenn er uns gehört, da wir dann eine innere Verbundenheit zum Weiher haben.
Es könnte aber auch die Sinnfrage sein, die uns daran hindert. Wir finden, die Umwelt zu schützen, macht Sinn, also entsorgen wir das Altöl fachgerecht. Oder wir empfinden den Weiher schlicht als zu schön und wollen ihn deshalb vor der Verschmutzung verschonen.
Die Überlebensstrategie
Wie können wir nun Verbundenheit, Sinn und Schönheit im Alltag leben, damit unser Herz wieder atmen kann? Johannes Hartl sieht sich selbst als digitaler Junkie. Gerade deshalb stellt er für sich klare Regeln im Umgang mit dem Smartphone auf und setzt wieder mehr auf echte, reale Begegnungen mit anderen Menschen. Hartl bekräftigt, dass für uns Menschen eine Wahrheit oder ein höchster Wert notwendig ist, um überhaupt einen Sinn im Leben zu sehen. Wer kein sinngebendes Ziel anstreben kann, geht im Gefühl der eigenen Wertlosigkeit unter. Das Gebetshaus Augsburg hat Hartl in ein ästhetisches «Kloster der Moderne» umbauen lassen, um Gott mit «zweckfreier Schönheit» zu ehren, aber auch um den Besuchern wohlzutun. Eine hübsche Wohnzimmerdekoration oder ein einfaches, aber schön angerichtetes Essen würden die Seele aber genauso erheitern. Hartl bringt es auch theologisch auf den Punkt und stellt fest: «Jesus ist nicht nur gekommen, um eine Verbindung zu Gott schaffen und Sinn in unser Leben zu bringen, sondern auch um Dinge schön zu machen.»
Wenn wir den Sinn für Sinn, ein Leben in Verbundenheit mit Gott und anderen Menschen, und den tiefen Blick für Schönheit wieder neu entdecken, dann können wir gestärkt nach vorne schauen – mit ganz viel Lust auf die Zukunft.