Silvia Hess-Pauli verbrachte fast ihr ganzes Erwachsenenleben in einer Gemeinschaft von Diakonissen. Seit mehreren Jahren fährt sie regelmässig zu einem Konzentrationslager, das einer ihrer Grossväter leitete. Sie setzte sich mit ihrer Familiengeschichte auseinander und stellte sich dabei auch ihrem Missbrauch in der Kindheit, was zu einem Wendepunkt führte.
Hess-Pauli ging auf den Filmemacher und reformierten Pfarrer Lukas Zünd zu und fragte ihn für einen Film an. Er war zwar fasziniert von ihrer Geschichte, wollte jedoch nicht bloss einen Auftragsfilm machen. Zünd wollte mit ihr zusammen einen Dokumentarfilm drehen, bei dem sich beide auf den Weg begeben sollten. «Im Rückblick hatten wir keine Ahnung, worauf wir uns einlassen würden.»
Entstanden aus den drei Jahren Begleitung ist der Dokumentarfilm «Die dritte und vierte Generation». Wie der Titel andeutet, werden Familienstammbaum und Generationenschuld thematisiert. Konkret geht es auch um die Frage, wie stark uns die Taten unserer Urgrosseltern und Grosseltern beeinflussen. Hess-Pauli fand nämlich heraus, dass ihr Grossvater so einiges mit ihr zu tun hat.
Zünd weist darauf hin, dass niemand etwas über jene Vorfahren weiss, die mehr als vier Generationen zurückliegen. Er verstand: «Solange man seine Vorfahren kennt, hat man eine Verantwortung.» Und zwar die Verantwortung, sich zu seinen Eltern und Grosseltern zu stellen.
Er erklärt, wie man die Generationenschuld überwinden kann: «Wenn jemand an Jesus Christus glaubt, ist diese Schuld am Kreuz gesühnt. Wir müssen sie nicht mehr sühnen und abarbeiten. Aber wir haben eine Verantwortung, dass wir anders leben und uns zur Reue bekennen für das, was unsere Eltern getan haben.»