Von Stephan Maag
Zusammenleben und Gemeinschaft scheinen die grosse Sehnsucht der postmodernen Zeit zu sein. Obwohl wir mit der ganzen Welt in den sozialen Medien verbunden sind, vereinsamen die Menschen je länger je mehr. Noch nie waren die Menschen so einsam wie jetzt. Die Dorfstruktur, welche während Jahrtausenden die Menschen in Verbindung und Beziehung gehalten hat, ist auseinandergebrochen.
Aufgrund dieser Fakten erstaunt nicht, dass die Psychiatrien überfüllt sind und viele Menschen Sinn suchen und sich einsam fühlen. Die Not ist gross und begegnet uns überall. Auf diese moderne Not kann die Kirche als System wenig antworten. Wenn wir aber die Menschen in den verschiedenen Kirchengemeinden und Gemeinschaften anschauen, sieht es ganz anders aus. Durch echte Beziehungen und Gemeinschaft können wir den Unterschied machen in dieser Welt und die Not lindern. Wir leben seit über zehn Jahren mit verschiedenen Menschen in einer Gemeinschaft. Im Zusammenleben mit suchtkranken Menschen, Flüchtlingen, alten Menschen sowie mit Kindern, mit spirituell Suchenden und Jesus-Nachfolgern haben wir gemerkt, dass Gemeinschaft der Schlüssel für ein gesundes Herz ist.
Echte und authentische Beziehungen
Wenn wir auf Augenhöhe in Freundschaft miteinander unterwegs sind, können wir voneinander lernen und uns, wie die Bibel sagt, schleifen. Eisen schleift Eisen, auch in Gemeinschaft sind grössere Herausforderungen Gewinne fürs eigene Leben. «Wie man Eisen durch Eisen schleift, so schleift ein Mensch den Charakter eines anderen.» (Sprüche 27,17) Veränderung geschieht durch echte Annahme, Liebe und Freundschaft. Unser Haus ist auf alle Seiten offen, jeder kann kommen und selbstverständlich steht es auch allen frei, wieder zu gehen. Wir haben keinen Druck, die Leute zum Glauben führen zu müssen, sondern prägen unser Umfeld auf authentische und echte Art. Wenn wir gefüllt sind vom heiligen Geist, ist das für die Menschen Inspiration genug, sich auf die Suche nach Jesus zu machen. 80% der Kommunikation ist nonverbal. Menschen spüren und fühlen, ob unser Glaube authentisch ist. In einer Gemeinschaft kann man sich nicht verstecken und die Leute sehen einen mit seinen guten und weniger guten Charaktereigenschaften. Gerade hier auf unserem biologisch geführten Bauernhof ist es manchmal auch hektisch. Das oft gehörte Feedback, dass wir keine heile Welt vorgaukeln, etwas spielen und nicht fromm seien, ist für uns ein sehr schönes Kompliment. Wir alle sind nur Menschen.
Gott ist immer in Beziehung
Gott ist ein Gott der Beziehung. Bereits im ersten Buch Mose sehen wir, dass Gott Gemeinschaft mit dem Geist hat. «Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Noch war die Erde leer und ungestaltet, von tiefen Fluten bedeckt. Finsternis herrschte, aber über dem Wasser schwebte der Geist Gottes.» (Genesis 1,1-2) Im Johannesevangelium sehen wir, dass Jesus schon da war in Beziehung vor der Schaffung der Welt. Anfangs lebte Gott mit Adam und Eva in Gemeinschaft, bis es zum Bruch kam. Später lebte er bei seinem Volk in einem Zelt. Weil diese echte Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen nicht mehr möglich war, sandte Gott seinen Sohn Jesus Christus, um wieder Beziehung zu leben. Jesus lebte eng mit seinen Jüngern zusammen – Tag und Nacht waren sie gemeinsam unterwegs. Die Jünger lernten viel von Jesus durch gemeinsames Unterwegssein. So ging es weiter an die Apostel und an die ersten Christen, welche in echten Beziehungen gelebt haben.
Beziehungen, wie Gott sie gedacht hat
Nach 2000 Jahren konstantinischer Religion kommen wir zurück zur Gemeinschaft, wie Jesus sie gelebt hat mit seinen Jüngern. Immer mehr Menschen sind zusammen unterwegs und wollen Beziehungen leben, wie Gott sie gedacht hat. Um gegen aussen gute Beziehungen leben zu können, müssen wir im Inneren anfangen. Es fängt mit uns an, wie steht es mit unserer Beziehung zu Gott? Erleben wir seine Inspiration und seine Kraft und leben wir in Gemeinschaft mit ihm? Jesus hat uns zur Freiheit berufen, zu einer Freiheit, die aus tiefer Beziehung kommt. Ich glaube, wenn wir in der Freiheit leben und im Herzen die Gewissheit tragen, Kinder Gottes zu sein, können wir auch Unterschiedlichkeiten stehen lassen.
Wenn wir wissen, wer wir sind …
Wenn ich weiss, wer ich bin, kann ich ganz locker und entspannt meinen Weg gehen. Durch die Beziehung mit Gott bin ich angenommen. Ich weiss, wo ich herkomme und wo ich hingehe, und ich kenne meine Identität. Wenn wir Kinder Gottes sind, dürfen wir ihn «Abba» Vater nennen und damit ist die Beziehung geklärt. Wie toll ist es, dass wir einen Vater im Himmel haben, der uns liebt, der für uns ist, ganz egal wie unsere Umstände sind. «Er hat euch zu Söhnen und Töchtern gemacht, und durch ihn rufen wir, wenn wir beten: Abba, Vater!» (Römer 8,15)
Menschen sehnen sich nach echten Beziehungen
Die Menschen unserer Zeit sehnen sich nach Beziehungen auf Augenhöhe. Unsere Nachbarn wünschen sich Nächstenliebe ohne Kompromisse, sie erhoffen sich offene Ohren, echte Gefühle und authentische Antworten. Die normalen Personen in unserem Alltag wünschen sich nichts sehnlicher als dich und mich – so wie Gott uns designt hat. Echte Beziehungen auf Augenhöhe sind der Schlüssel für die Gesellschaft, die durch Schicksalsschläge gebeutelt und geschüttelt wird.