Zustimmendes Gemurmel ertönt. Auch die übrigen Hirten sind so gar nicht begeistert über die flötistische Begleitung. Seufzend rappelt Ben sich auf und schleicht mit hängendem Kopf in die Dunkelheit davon, seine Flöte fest umklammert.
«Ob sie uns irgendwann auch einmal mitspielen lassen?» fragt Benjamin bekümmert und lehnt sich an einen Felsen in Sichtweite des Feuers. Die feine, selbstgeschnitzte Flöte in seiner Hand pfeift empört: «Es muss doch auch in deren sture Köpfe, dass wir eine wohlklingende Ergänzung zu ihrem grummeligen Gesang sind!» Ben kichert. Ein kleines bisschen mussten die beiden wohl noch üben, um als wohlklingend zu gelten. Aber seine kleine Flöte hat Recht. Irgendwann würden auch sie jemanden finden, der ihre Musik zu schätzen weiss. So blicken die beiden versonnen Richtung Feuer und träumen von besseren Tagen.
«Psst. Ben, he Ben. Wach schnell auf!», weckt ihn die kleine Flöte mitten in der Nacht. Verschlafen blinzelt Ben. Und kneift seine Augen schnell wieder zusammen. Warum ist es mit einem Mal so hell? Der Junge hält sich die Hände vors Gesicht und zwinkert zwischen den Finger hindurch. Die Hügel schimmern warm und lichtüberflutet. Das Leuchten geht von einer grossen Gestalt beim Feuer aus. Sie winkt mit einem nachsichtigen Lächeln den Hirten zu, die sich aus Angst hinter Felsbrocken verborgen haben. Ben stupst seine Flöte an. «Komm, das müssen wir uns genauer ansehen», meint der Junge und schleicht sich dann vorsichtig näher.
«Keine Angst, ihr Hirten. Ich habe euch eine grossartige Nachricht zu erzählen. Heute, in dieser kalten Nacht, ist euer Retter geboren!» ruft die helle Gestalt freudig. «Noch ist er ein kleines Kind mit Windeln in einem Futtertrog, aber er wird uns allen Frieden bringen!» Helle Stimmen erschallen klar in der Nacht und singen und preisen Gott mit ihrem feierlichen Klang. Ben spürt eine Gänsehaut seinen Rücken hinunterfahren. Harmonien schweben, legen sich übereinander, verzaubern … Der warme Jubel verklingt langsam und zurück bleibt die kalte, stille Nacht.
Der Hirtenjunge und seine kleine Flöte schauen sich ergriffen an. «Booaa, so schön möchte ich auch spielen können», flüstert die Flöte, «so voller Gefühl und Wärme.» Ben nickt nur. Das wäre auch sein Traum, aber dazu müssten sie zuerst die Gelegenheit erhalten, um zu üben und zu spielen. Und wer weiss, wann das jemals der Fall sein wird …
Inzwischen sind die übrigen Hirten aus ihren Verstecken hervorgekrochen und diskutieren aufgeregt miteinander. Dann packen sie geschwind ihre Siebensachen und laufen eilig in Richtung des dunklen Städtchens.«He!» ruft Ben empört, «wartet auf uns! Wir wollen doch auch mit.» Der letzte Hirte dreht sich im Laufen um und winkt ab. «Nee, Ben, jemand muss doch noch auf die Schafe aufpassen. Bleib du lieber mal hier.» Schon verschmelzen ihre Gestalten mit der Nacht.
Pfiiüü – die kleine Flöte bläst missmutig aus allen Löchern. «Also jetzt reicht’s langsam. Weshalb schliessen die uns immer aus? Die komische Lichtgestalt hat deutlich gesagt, dass dieses Kind uns allen Frieden bringen wird. Meiner Meinung schliesst das auch Jungmusiker mit ein.» Der Hirtenjunge nickt zustimmend: «Gut gesagt, kleine Flöte. Der Gesang hat mich ganz kribbelig und neugierig gemacht. Dieses Kind müssen wir auch finden!» Entschlossen steckt Ben die Flöte in seine Brusttasche und macht sich auf den Weg nach Bethlehem.