Von Jan Lobsiger
Wer mit dem Zug reist, kann unseren digitalisierten Alltag beobachten: Die Smartphones vereinen Zeitung, Billettautomaten und Portemonnaie in einem kleinen Gerät. iPhones und Co. scheinen unser Lebensmittelpunkt zu sein, die schwer aus unserer Zeit wegzudenken sind. Stimmt das? «Ich bin der festen Überzeugung, dass die menschliche Begegnung, face-to-face, durch nichts zu ersetzen ist», sagt Paul von Preussen, der sich in der digitalen Welt auskennt und sich sogar heimisch fühlt.
Paul von Preussen wirkt wie der junge Bankberater der örtlichen Filiale, der seriös, freundlich und mit einem Lächeln auf den Lippen die Banknoten auszählt. Das Bild ist nicht weit hergeholt: Paul von Preussen arbeitete im Verlauf seiner noch jungen Laufbahn in der Business-Welt unter anderem neun Jahre lang bei der Commerzbank, einer der grössten Banken Deutschlands. Dort bestieg er die Karriereleiter vom klassischen Banker am Schalter bis in die Vorstandsetage, wo er als Assistent einer Topmanagerin arbeitete.
Vom Bankangestellten zum Start-Up-Unternehmer
Während seiner Zeit bei der Commerzbank entdeckte der 27-Jährige eine potenzielle Geschäftsidee: «Ich beobachtete bei der Einführung digitaler Programme, dass diese am Umgang der Mitarbeiter scheiterten. Es gab Vorbehalte und Ängste.» Etwa die Sorge um den Wegfall des eigenen Jobs oder die Frage nach dem «Warum». Paul von Preussen stellte fest, dass es an der Einstellung der Menschen gegenüber digitalen Themen lag, dass daran digitale Innovation scheiterte. Das brachte ihn auf eine Idee.
Umgekehrtes Mentoring: Jung berät Alt
Paul von Preussen sagt, dass die jüngeren Generationen, wie etwa die Generationen Y und Z, keine Probleme in der digitalen Welt kennen. Sie sind sogenannte «Digital Natives», digitale Ur-Einwohner, die mit der digitalisierten Welt aufgewachsen sind. Das Start-Up «Digital8» unterhält deshalb ein Netzwerk bestehend aus jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren. Ist also digitale Unterstützung nötig, berät jemand aus dem Netzwerk die Kundschaft. Diese reicht von der Katholischen Kirche bis zu grossen deutschen Automobilherstellern. Dass Paul von Preussens Erfolg mit seinem kaiserlichen Namen zu tun hat, verneint er smart.
Bodenständiger Prinz
Denn gäbe es das Amt des Deutschen Kaisers noch, wäre Paul von Preussen ein Anwärter auf die Thronfolge. Er ist der Urururenkel des letzten Deutschen Kaisers und Königs von Preussen Wilhelm II., der von 1888 bis 1918 regierte und 1941 verstarb. Doch mit dieser Historie prahlt Paul von Preussen nicht, auch wenn er deshalb schon den ehemaligen Bundespräsidenten Deutschlands und den König Spaniens treffen konnte. «Ich wuchs 99 Prozent normal und 1 Prozent speziell auf.» Er definiert sich über etwas anderes: «Ich bin ein Familienmensch, jemand, der sich generell gerne mit Menschen umgibt, und ich bin ein gläubiger Mensch. Das gibt mir Halt und Orientierung.» Diese Werte helfen ihm auch in der schnelllebigen digitalen und technischen Welt. «Am Ende ist Digitalisierung ja für die Menschen da und nicht umgekehrt.» Tönt freundlich. Freundlich, wie der junge Bankberater auf der Filiale – wenn es dann die Filiale im Dorf nebst dem digitalen Online-Banking noch gibt.