Wenn ich zurückblicke auf meine Kindheit, dann sehe ich ein glückliches Mädchen, das mit zwei Brüdern in einem intakten Elternhaus aufgewachsen ist. Meine Mutter hat uns maximal geliebt, mein Vater auch, selbst wenn er für uns gefühlt «ferner» war als unsere Mutter. Wir wuchsen auf in einer kleinen Stadt in einem Mehrgenerationenhaus, und meine Grossmutter kochte viel für uns. Der Alltag war gefüllt mit Leben, Emsigkeit und Geselligkeit.
Als ich 17 Jahre alt war, geschah das Unfassbare: Mein älterer Bruder starb. Ein Schatten legte sich über die Familie, und alles, was bisher galt, wurde anders. Die Herzen brachen. Schwere. Tod, Schweigen und Verlust kamen an die Stelle von der gewohnten Fröhlichkeit. Irgendwie mussten wir weiterleben mit der dunklen Decke, die sich plötzlich auf uns gelegt hatte. Rückblickend änderte sich damit die Welt für mich.
Ich wurde viel zu schnell erwachsen. Ich fühlte mich verantwortlich, meinen Eltern zu helfen, sie zu trösten und zu schauen, dass das Leben weitergeht. In der Geschwisterkonstellation rutschte ich in die Position der Verlässlichen, Ordentlichen und Kontrollierten, was meinem eher wilden, unbeschwerten und kreativen Naturell sehr wenig entsprach.
Erst Jahrzehnte später, nach vielen Gesprächen mit Gott und guten Seelsorgern, wurde ich wieder zu der Person, die Gott sich ausgedacht hatte, als er mich schuf. Eine Wohltat! Die Geschichte zu sich selbst beginnt mit Reflexion über das, was uns geprägt hat. Und die Prägung beginnt in der Kindheit. Reflexion ist vielleicht ein erster kleiner, aber entscheidender Schritt auf dem Weg zu der Person, die wir wirklich sind. Zu unserem «originalen Selbst». Mit den nachfolgenden Fragen habe ich mich auf den Weg gemacht. Vielleicht helfen sie auch Ihnen, die eine oder andere vermeintliche «Normalität» in Frage zu stellen und unnötigen Ballast am Wegesrand abzulegen.