Frau mit Wolken in ihrem Kopf
(c) Chernishev Maksim/dreamstime

Weniger ist mehr

Der mentalen Gesundheit Sorge tragen
 
Publiziert: 17.02.2023 20.02.2023

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Von Tarek El Daour

«Mental Health» ist ein weitläufiger Begriff. Das Wort «mental» hat seinen Ursprung im Lateinischen und bedeutet so viel wie «Geist, geistig, zum Denken gehörend». Der Erhalt wie auch die Wiederherstellung der «mentalen Gesundheit» ist ein weites Feld, zu dem jedoch viele weitere Faktoren gehören.

Meiner Meinung nach gehört zur geistigen auch die psychische und körperliche Gesundheit. Diese drei Teilbereiche spielen eng ineinander und wirken sich auf unsere Wahrnehmung, unsere Emotionen, unser Denken und Verhalten aus. Als psychologischer Berater ist es für mich somit von grosser Wichtigkeit, diese verschiedenen Facetten in das Beratungsgespräch, in den individuellen Lebenskontext sowie in die Ressourcen- und Lösungsansätze miteinzubeziehen.

Psychische Gesundheit wird durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wie folgt definiert: «Psychische Gesundheit ist ein psychischer, gesunder Allgemeinzustand, ein Zustand des Wohlbefindens, in dem sich eine Person entfalten, mit normalen Spannungen des Lebens umgehen, einer Arbeit nachgehen und einen Beitrag zum Gemeinschaftsleben leisten kann. Psychische Gesundheit bildet die Grundlage für das Wohlbefinden des Menschen und das Funktionieren einer Gemeinschaft.» Nun sind wir jedoch täglich herausgefordert, diese goldene Mitte zu halten. Die «Person-Umwelt-Thematik» besagt, dass Personen und Umfeld positiv als auch negativ auf uns einwirken – dies bewusst und/oder unbewusst. In die andere Richtung wirken wir als Individuen wiederum gegen aussen, auch wenn uns das manchmal nicht bewusst ist. Je stärker diese Interaktionen aktiviert werden, umso mehr läuft unser psychischer Prozess auf Hochtouren, umso mehr sind wir gefordert, Wichtiges von Unwichtigem, Dringendes von nicht Dringendem zu unterscheiden und zu trennen. Wenn diese hochtourigen Prozesse zu einem täglichen Allgemeinzustand werden, können sie sich negativ und auslaugend auf das Wohlbefinden auswirken. Zusätzliche Verstärker können digitale Medien, zu viele Informationen, zu hohe Geschwindigkeit und mehrgleisiges Denken und Handeln sein.

Was zu viel ist, ist zu viel
Nehmen wir dazu ein Beispiel: Person A überquert beim Abendverkehr die Strasse, hört einen Wissens-Podcast, sucht gleichzeitig auf der SBB-App die schnellsten Zugverbindungen heraus. Gleichzeitig erscheinen auf dem Handydisplay ein Facetime-Anruf der Mutter sowie eine traurige E-Mail-Nachricht und eine nervenaufreibende WhatsApp-Mitteilung der Schwester. Es fängt an zu regnen, die Person hat keinen Schirm dabei und hetzt dummerweise bei Rot über den Fussgängerstreifen. Plötzlich kommt aus dem Nichts noch der Gedanke auf, wertlos zu sein – ausgelöst durch sorgenvolle Gedanken über die neue Anstellung und den schwierigen Vorgesetzten.

Mit einem solchen Lebensstil kämpfen wir uns stets mehrspurig und gleichzeitig durch den Alltag. Wir versuchen uns Multitasking und gleichzeitig auf eine Vielzahl von Inputs zu fokussieren und möglichst viele Dinge rasch und zufriedenstellend zu erledigen. Das ist auf die Dauer unmöglich und bewirkt Dauerstress, denn wir können nicht unsere hundertprozentige Aufmerksamkeit auf verschiedenste Dinge lenken. Das Gegenteil tritt ein: Die Aufmerksamkeit wird aufgeteilt. Und dies oftmals mit unbefriedigenden Ergebnissen: falsche Wortwahl, zu schnell geantwortet, Vortritt auf der Strasse missachtet, den dringenden Anruf der Mutter ignoriert usw.

Ungesunde Lebensmuster
Viele Menschen, die meine Beratungsdienste in Anspruch nehmen, sind aus diesem Grund überfordert und wünschen sich Klarheit, besseres Zeitmanagement, mehr innere Ruhe, Gelassenheit und genügend Zeit für Erholung. Je länger ungesunde Lebensmuster aufrechterhalten werden, umso länger dauert auch die Aufarbeitung für neue und gesunde Verhaltensformen. Merken wir diese Überforderung im Alltag, lohnt es sich, frühzeitig, präventiv professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Probleme, welche unsere psychische Gesundheit beeinträchtigen, sind oft multifaktorieller Art. Dabei spielen die Persönlichkeitsstruktur, vergangene und gegenwärtige Systeme, negative Prägungen und seelische Verletzungen sowie nicht gelernte oder unpassende Verhaltensweisen wichtige Rollen.

Weitere Lebensmuster können sich negativ auf mein Wohlbefinden auswirken:

1. Längerfristige Unzufriedenheit

im Berufsalltag

2. Tendenzen der Erschöpfung

des Ausgelaugtseins, der Sinnlosigkeit

3. Toxische Beziehungen

gefärbt von Streitigkeiten, destruktiven Verhaltens- und Kommunikationsmustern (Partnerschaft, Freundschaften)

4. Falsche Prioritätensetzung

(siehe Grafik)

5. Geringe Selbstbehauptung

Diese geht oft einher mit einer ausgeprägten Warmherzigkeit und einem Übermass an Altruismus, Aufopferungsbereitschaft, Entgegenkommen und Gutherzigkeit. Menschen, welche über diese Disposition verfügen, haben oft Mühe, Nein zu sagen sowie ihre Meinung sachlich und klar mitzuteilen.

6. Leben in Extremen

Einseitiger Lebensstil, welcher nur aus Regeln, Normen, Gesetzen, «du sollst», «du darfst nicht» oder aus einem Lebensstil besteht, der nur nach dem Lustprinzip gelebt wird.

7. Kommunikationsschwierigkeiten

im privaten und geschäftlichen Umfeld

8 Konflikte, Defizite, Traumata

Der letzte vielleicht häufigste Anmeldegrund sind Konflikte, Defizite und Traumata, welche persönlich nie aufgearbeitet oder denen in der Vergangenheit zu wenig Zeit gewidmet wurden. Sich mental ungesund zu fühlen, kann auch mit dem gegenwärtigen System und negativen Prägungen im Zusammenhang stehen.

Prioritäten richtig setzen
Wird ein negativer Zustand über längere Zeit aufrechterhalten, machen sich bald psychische und körperliche Symptome bemerkbar. Dazu gehören beispielsweise Schlafstörungen, körperliche Schmerzen, Erschöpfungszustände, Antriebs- und Lustlosigkeit, Rückenbeschwerden, Verdauungsprobleme, Depressionen usw. Nicht selten werden in einem Beratungsprozess Mehrfachproblematiken sichtbar, welche auch durch Unwissenheit oder «Selbstverschulden» produziert werden. Als eine mögliche Intervention visualisiere ich gerne die Prioritäten-Pyramide – hier am Beispiel einer Familie.

Wenn wir uns das «goldene Dreieck» zu Herzen nehmen, wirkt sich dies in einem ersten Schritt stressreduzierend auf das gesamte System aus. Oftmals werden die zwei unteren Bereiche in das goldige Dreieck hineingequetscht, was automatisch zu Zielkonflikten führt. Oft ist weniger mehr. Manchmal geht es mehr darum, zufrieden und genügsam zu sein und sich selbst in unserer Leistungsgesellschaft zu stoppen. Das Gegenteil von Beschleunigung ist Entschleunigung. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, alles auszukosten, was mir gefällt, und alles auszuleben, was mich glücklich machen könnte. Aus meiner Sicht besteht die Kunst in der Reduktion der Pendenzen und darin, zu entschlacken und vermehrt loszulassen.

Religion als wichtige Ressource
Religion wird neben der Nutzung von verschiedensten psychologischen Interventionen aus psychologischer Sicht als wichtige Ressource erachtet. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Glaube sich positiv und stressreduzierend auf das Wohlbefinden auswirkt. Ich sehe darin sogar eine der wichtigsten Ressourcen! Gott verspricht uns in der Bibel Ruhe, Frieden, Sorglosigkeit und Geborgenheit. Ruhe finden, Sorgen loslassen und unseren Ballast bei Gott abwerfen – wie das geht, lesen wir an vielen Stellen in der Bibel. Ein gutes Beispiel ist Matthäus 11,28: «Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben.» Dieses Versprechen kann in gestressten Momenten als Intervention im Alltag antrainiert werden. Bibelverse dienen als Ressource zur praktischen Stärkung und Neufokussierung. Ich empfehle die Ressource «Zeit mit Gott» täglich zu nutzen – in unterschiedlichen Formen wie bei einem Gebetsspaziergang, dem Bibellesen, im Lobpreis usw. Es braucht etwas Ausdauer, Treue und Beharrlichkeit, denn manchmal fehlt es an der Lust, am Sich-Aufraffen und dem Interesse. Es lohnt sich aber sehr, diese Zeiten einzuhalten, sogar mit der gleichen Intensität, mit der wir auch unsere Hobbys und persönlichen Leidenschaften verfolgen.

Gebetsseelsorge, eine wertvolle Intervention
Um psychisch zu gesunden, kann die Gebetsseelsorge ergänzend zu den modernen psychologischen Hilfsmitteln viel bewirken. Sie ist eine wertvolle Intervention, um negative Erlebnisse zu konfrontieren, Jesus in die seelischen Schmerzen einzuladen und zu sehen, wie er Destruktives verändert, seelische Wunden heilt und ins Positive wendet. Der Glaube an einen Gott, der mich liebt, mich geschaffen hat, mich kennt und mich auf meinem Lebensweg durch Höhen und Tiefen begleitet, bedeutet für mich Ruhe, Frieden, Fokus und Sinnerfüllung für mein gesamtes Leben.

 

Zur Person
Tarek El Daour ist dipl. Psychologe, Systemischer Berater MAS und Berufs-, Studien- und Laufbahnberater mit eigener Praxis in Winterthur. Er berät mit Leidenschaft Menschen zwischen 20 und 65 Jahren, Einzelpersonen und Paare.
© Online-Redaktion ERF Medien
 
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