Eine der Grundannahmen der Gewaltfreien Kommunikation ist: Menschen tragen gern zum Wohlergehen anderer bei, wenn sie dies freiwillig tun können. Ist die Freiwilligkeit nicht vorhanden, sondern es besteht Zwang, ist auch die Freude weg. In der Familie werden die Ämtli den Kindern meistens zugeteilt. Für sie sind sie also ein Müssen.
Nadia Biondini Jörg ist Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation. Sie empfiehlt, dass Eltern mit ihren Kindern darüber sprechen und erklären, dass es wichtig ist, dass alle in der Familie zusammenarbeiten und einen Beitrag leisten können. Die Eltern können in einem Gespräch herausfinden, welche Ämtli die Kinder machen möchten. Biondinis Erfahrung ist, dass Kinder und Teenager sehr kooperativ sind, wenn Eltern das Gespräch suchen.
Eine weitere Grundannahme der Gewaltfreien Kommunikation ist, dass Menschen Dinge tun oder sagen oder eben nicht tun oder nicht sagen, um sich ein Bedürfnis zu erfüllen: beispielsweise das Bedürfnis nach Selbstbestimmung, Harmonie, Sicherheit oder Bewegung. Blöd nur, dass Eltern und Kinder eben nicht immer die gleichen Bedürfnisse haben.
Um Bedürfnisse zu erfüllen, wenden wir Strategien an. Für jedes Bedürfnis existieren viele Strategien, wobei wir meistens unsere Lieblingsstrategie wählen. Gamen beispielsweise kann eine Strategie sein, mit der sich die Kinder erholen.
Konflikte gibt es aus Sicht der Gewaltfreien Kommunikation immer auf der Ebene der Strategien und nicht auf der Ebene der Bedürfnisse. Bei Streitereien verlieren auf längere Sicht beide Seiten, auch wenn Eltern auf den ersten Blick am längeren Hebel sind.
Die Gewaltfreie Kommunikation propagiert für ein Gespräch vier Schritte:
Beobachtung schildern: «in den letzten Monaten hatten wir mehrmals pro Woche Diskussionen über die Ämtli.»
Gefühl mitteilen: «Wenn ich daran denke, bin ich extrem frustriert.»
Bedürfnis äussern: «Mir ist es wichtig, dass wir in der Familie alle einen Beitrag leisten und dass Harmonie herrscht.»
Bitte formulieren: «Kannst du mir sagen, wie es bei dir mit den Ämtli läuft?»
Der Ball liegt nun beim Kind, es ist an ihm zu reagieren.
Wenn es darum geht, die Bedürfnisse des Gegenübers zu ergründen, ist zuhören gefragt. Im Gespräch versuchen wir so lange die Gefühle und Bedürfnisse des andern zu spiegeln, bis sich die andere Person aussprechen kann. Dann ist die Reihe an uns, unser Bedürfnis (nochmals) vorzubringen. Wenn wir vorher genug empathisch waren, ist die Chance hoch, dass das Kind einwilligt.
Die Erfahrung von Biondi ist, Kinder und Jugendliche interessante Lösungsansätze bieten. Wichtig sei, dass sich die Eltern vor dem Gespräch bewusst werden, was gerade das eigene Bedürfnis ist und wie es ihnen geht.