Aufschieben ist zwar menschlich. Bei einigen Menschen kann es auch krankhaft sein, sagt Psychotherapeutin Julia Wegmann. Diese haben wegen ihrer Aufschieberei einen hohen Leidensdruck und funktionieren in verschiedenen Lebensbereichen nicht mehr. Sie sind unter Umständen nicht mehr erreichbar, öffnen ihre Post nicht mehr oder vermeiden Aufgaben.
Sind Menschen, die aufschieben, einfach faul? Wegmann geht davon aus, dass es für ein bestimmtes Verhalten jeweils einen triftigen Grund gibt. Wenn das Aufschieben pathologisch ist, können dafür Gründe vorliegen wie: eine schwierige Kindheit, eine psychische Störung, eine Depression, ein Trauma, Glaubenssätze oder eine Einschränkung wie Legasthenie oder Dyskalkulie.
Ein weiterer Faktor ist die Amygdala, der Mandelkern des Gehirns. Sie produziert und löst Emotionen aus. Bei gewissen Menschen, die gerne aufschieben, ist dieser Kern vergrössert. Das kann bedeuten, dass diese Menschen stärkere Angst empfinden.
Lehrer oder Eltern stempeln solche Menschen vielleicht als dumm ab. Bis die passende Diagnose gestellt wird, haben diese Menschen das Urteil der anderen bereits verinnerlicht, dass sie eben dumm oder faul sind.
Aufschieben ist ein Verhalten, das gelernt wird. Das bedeutet, dass es auch wieder verlernt beziehungsweise umgelernt werden kann. Wegmann verweist hier auf Methoden der Verhaltenstherapie, mit denen ein neues Verhalten aufgebaut werden kann.