Rituale in meinem Leben
Da war dieser eine Moment. Hoch oben im Toggenburg mit grandioser Aussicht auf den Zürichsee. Ich machte ein kleines Feuer und verbrannte viele Briefe und Fotos aus einer Zeit, die ich für mich bewusst abschliessen und hinter mir lassen wollte. Schmerzhafte Erfahrungen, die ich nicht weiter durchs Leben tragen wollte. Die blauen Flecken auf meiner Seele waren verheilt, und mit diesem Ritual wollte ich meinem Leben eine neue Chance geben. Was war, ist vergangen. Mit Zuversicht wollte ich in die Zukunft gehen. Ganz wie Paulus es meinte, als er an die Philipper den Satz schrieb: «Was hinter mir ist, vergesse ich, nach dem aber, was vor mir ist, strecke ich mich aus.» (Phil. 3,13) Um diese Zeit in meinem Leben abzuschliessen, habe ich bewusst die Form eines Rituals gewählt.
Am Heiligabend sass ein alter Mann am Strand im Sand und hörte dem Mittelmeer beim Rauschen zu. Wie meist an Heiligabend. Er war ein wenig traurig. Wie meist an Heiligabend. Und Heiligabende hatte er schon viele erlebt. Er war nämlich 2049 Jahre alt, und sein Bart reichte bis zum Bauchnabel.
Das «Vaterunser» widersetzt sich dem Egoismus.
«Unser Vater!» Nicht mein, sondern unser! Das Gebet widersetzt sich dem Egoismus. Es nimmt den Betenden in die Gemeinschaft der Christen aller Weltregionen und unterschiedlicher Ausprägung hinein. Mehr noch! Es verbindet über das Grab hinaus auch mit den Betenden im Himmel. «Im Himmel»! Diese Ergänzung verhindert, dass Gott mit irdischen Vätern gleich gesetzt wird. Aber wie ist dieser himmlische Vater? Jesus sagt: «Wer mich kennt, kennt auch den Vater.» Gleichzeitig besagt «im Himmel»: Der so nahe Gott bleibt der unfassbare. Eben Gott!